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Bund und Land sind gefordert

21.10.13 (Kommentar, Verkehrspolitik, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

515 Einwohner pro Quadratkilometer. Das ist eine beeindruckende Zahl, damit ist Nordrhein-Westfalen das am dichtesten besiedelte Flächenland Europas. Ein paar weitere Fakten: 2,6 Millionen Menschen in Deutschland, die in Städten mit mehr als 15.000 Einwohnern leben, haben seit 1945 ihren SPNV-Anschluss verloren. Davon leben 1,6 Millionen in Nordrhein-Westfalen. Die drittgrößte europäische Stadt ohne Anschluss an den Personenverkehr auf der Schiene ist Herten. Sie liegt im Kreis Recklinghausen in Nordrhein-Westfalen. Und jetzt wird es noch heftiger: Diese Stadt liegt an einer zweigleisigen, elektrifizierten Hauptstrecke und doch findet dort kein Personenverkehr statt.

Das zeigt beeindruckend die Ausmaße, wie stark das Land Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik Deutschland in Eisenbahnfragen benachteiligt wurde und wird. Man kann das in ausführlicher Form darlegen und je tiefer man reinschaut, desto mehr stellt man fest, dass öffentliche Verkehrsmittel wohl nirgendwo so unterfinanziert sind wie in Nordrhein-Westfalen. Gelegentlich heißt es, dass Nebenstrecken zwar das Herz der Eisenbahnromantiker höher schlagen ließen, aber tatsächlich keinen Nutzen bringen würden. Wenn man sich einmal ansieht, was für Strecken an Rhein und Ruhr von der alten Bundesbahn geschlossen worden sind, dann stellt man fest, dass hier erhebliches Potential gelegen hätte und das vieles mit der Holzhammermethode künstlich zerstört wurde.

Ja, wenn auf einer eingleisigen Strecke mit 150.000 Menschen im Einzugsbereich nur drei Züge am Tag fahren, dann nutzt die keiner. Wenn man aber einen Taktverkehr schafft und vielleicht Ausweichstellen aufbaut, sodass man im Halbstundentakt fahren kann und wenn man schon in den 60er Jahren statt mechanischer Stellwerke und Schrankenposten auf Spurplan-Drucktasten-Technik gesetzt hätte, wäre so manches gerettet worden. Eigentlich braucht Nordrhein-Westfalen ein Reaktivierungsprogramm für Eisenbahnstrecken, gerade die, die zu Fahrradwegen gemacht worden sind, sind als solche eben noch vorhanden und ließen sich entsprechend nutzen. Realistisch ist das (leider) nicht, aber es zeigt, wie dringend ein Projekt wie der Rhein-Ruhr-Express verwirklicht werden muss. Auch wenn die Wettbewerbspolitik des VRR in den letzten Jahren erhebliche Einsparungen gebracht hat, die ab 2014 endlich liquiditätswirkam werden, so reicht das alleine noch nicht aus, um den Verkehrsbedarf auf der Schiene dauerhaft zu finanzieren.

Hier sind Bund und Land gefragt, denn mit der Senkung der Regionalisierungsgelder und den nicht zweckgebundenen Ausgleichszahlungen seit 2007 haben die Länder einen Teil der Verantwortung. Dass die nach eigenen Angaben zufolge ach so schienenfreundliche Landesregierung keinen Pfennig mehr gibt als sie unbedingt muss zeigt, dass man hier nicht verstanden hat, wie wichtig die Verkehrsinfrastruktur ist. Gelegentlich fordern Vertreter der Landesregierung, alle müssen „an einem Strang ziehen“, doch deren eigene Verantwortung endet nicht mit leeren Forderungen. Die Finanzierung müssen Berlin und Düsseldorf gemeinsam sicherstellen.

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