Aufgepasst, GDL!
24.10.13 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Im Grunde sind die Voraussetzungen für die GDL im Moment traumhaft. Spartengewerkschaften wurden in den letzten Jahren immer stärker, die große EVG leidet an Mitgliederschwund und musste zuletzt sogar ihren Namen ändern, weil sie als Transnet in der Öffentlichkeit nicht mehr vermittelbar gewesen wäre. Mit Manfred Schell hatte man zudem viele Jahre einen Sympathieträger an der Spitze, dem die breite Masse der Bahnkunden auch längerfristige Streiks nicht übel genommen haben. Doch während des Streiks um den Rahmentarifvertrag hatte sich das erstmals geändert. Mit Pressemitteilungen und Aushängen, deren Anstrich man durchaus als tiefbraun bezeichnen kann, hat man sich in eine Ecke manövriert, in der man wie der hässliche Krawallmacher aussah.
Ja, es stimmt, dass viele deutsche Wettbewerbsbahnen europäische Staats- und Großkonzerne als Gesellschafter haben. So wie die Deutsche Bahn mit Arriva ja auch überall tätig ist, denn so funktioniert eben ein gemeinsamer Binnenmarkt. Wenn die GDL dann gegen „ausländische Konzerne“ agitiert, die vermeintlich von „deutschen Steuergeldern“ leben wollen, dann wird sie in einer Art und Weise wahrgenommen, dass einem gar nicht wohl dabei ist. Dabei könnte sie so viel mehr und hat sich während dieser Auseinandersetzung wohl eine Menge Kredit in der Öffentlichkeit verspielt. Das ist jetzt aber nicht mehr wichtig, denn man hat den Rahmentarifvertrag und ist bei fast allen Unternehmen drin. Diejenigen, die noch keine Vereinbarung mit der GDL haben, werden das im Laufe ihrer Expansion schon von selbst tun, weil sich der Organisationsgrad dann erheblich ändern wird.
Auch, dass es Auseinandersetzungen innerhalb des Vorstandes und Machtkämpfe um den grundsätzlichen Weg der Organisation gibt, ist nichts neues, sondern durchaus üblich. Ebenso, dass die öffentlich ausgetragen werden, kann passieren. Es ist ja gut für eine Gewerkschaft, wenn man erkennen kann, dass sie nicht nach Gutsherrenart geführt wird, sondern ein lebender Organismus mit innerer Demokratie ist. Was hier aber passiert ist gefährlich, denn das hat nichts mehr mit konstruktivem Dialog zu tun. Hier werden Leute mit teilweise fragwürdigen Methoden ausgeschaltet, es gibt Schlammschlachten statt Diskurse und der politische Gegner, in diesem Fall die EVG, versucht, Kapital daraus zu schlagen. Denn dass die sich seit Jahren an der GDL abarbeitens hat mit deren Problemen zu tun. Dabei ist die EVG nicht weniger unsachlich und als Dreckschleuder steht sie der GDL in nichts nach. Ein aktuelles Beispiel ist die Debatte um die Herstellerwartung.
Während die Verkehrsunternehmen sachlich dagegen argumentieren, beschimpft die EVG Aufgabenträger und Hersteller auf so unflätige Art und Weise, dass sie sich selbst jeder Ernsthaftigkeit beraubt – weil man langfristig befürchtet, dass das Fahrpersonal zur GDL, die Vertriebsmitarbeiter zur Ver.Di und die Werkstattschrauber zur IG-Metall gehen. Statt sowas auszunutzen ist man bei der GDL mit Grabenkämpfen beschäftigt. Das ist traurig; in einigen Jahren wird man den jetzigen Gelegenheiten wohl nachtrauern, wenn sich nichts ändert.konstruktiv werden.