Mehr Geld! Mehr Geld! Mehr Geld!
12.09.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Wenn die ÖV-Branche heute darauf aufmerksam machen will, dass die Verkehrsinfrastruktur im Lande in einem Zustand ist, den man durchaus als bedenklich einstufen kann, muss man sich mit der Frage beschäftigten, wie man vor dem Hintergrund einer Schuldenbremse im Grundgesetz neue Finanzquellen erschließen und gleichzeitig wichtige Effizienzen im System heben kann. Die NRW-Zukunftskommission hat die charmante Idee eines Infrastrukturfonds ins Spiel gebracht, der sich aus zu definierenden Quellen speist, etwa dem Mineralölsteueraufkommen oder Mauteinnahmen, und der verlässlich dafür sorgt, dass die Verkehrsinfrastruktur finanziert wird. Hierbei geht es eben nicht nur um kommunale Schienen, sondern auch um die Bundeswasserstraßen, um Schleusen, um Schlaglöcher in der Straße und vieles mehr.
Dass der VDV hier den Schulterschluss mit anderen Akteuren sucht, die nicht der ÖV-Branche zuzurechnen sind, ist ein richtiger Schritt: Es geht nur gemeinsam. Es ist an der Zeit, ideologische Gräben zuzuschütten und anzuerkennen, dass das eigene Auto kein grundsätzlicher Widerspruch zu Bus und Bahn ist. Und trotzdem muss man sich, gerade wenn man über Finanzierungskreisläufe und ähnliche Neuigkeiten spricht, mit der Frage auseinandersetzen, wo das Geld denn herkommen soll. Die Mauteinnahmen zur Finanzierung heranziehen? Das ist im Prinzip erst mal eine gute Idee, aber die Maut muss verlässlich bezahlt werden. In der jetzt endenden Legislaturperiode gab es ein vierjähriges Mautmoratorium – wieso? Es ist eine Sache, die Verkehrsinfrastruktur auskömmlich zu finanzieren, die andere Sache ist es, steuernd einzugreifen und bestimmte Fahrten einfach zu verhindern.
Berliner Hotels müssen ihre Bettwäsche nicht nach Polen zum Waschen fahren und Nordseekrabben müssen nicht in Südeuropa weiterverarbeitet werden. Das mag jetzt natürlich populistisch klingen, aber es muss gesagt werden: Solange all diese Fahrten stattfinden, ist der Verkehr zu billig. Gerade im Güterbereich ist Verkehrsvermeidung etwas, das sich die Politik auf die Fahnen schreiben sollte. So sehr es Zeit ist, die Infrastruktur auf das kommende Verkehrswachstum vorzubereiten, so dringend muss man auch mit ordnungspolitischen Mitteln eine angemessene Nutzerfinanzierung sicherstellen. Es darf kein erneutes Mautmoratorium nach den Bundestagswahlen geben, im Gegenteil, es muss auch einen Nachholfaktor in der neuen Berechnung geben, um für die Verkehrsinfrastruktur in einem Transitland wie Deutschland eine auskömmliche Finanzierungsgrundlage zu schaffen.
Vor diesem Hintergrund sind Forderungen nach „mehr Geld“ nicht grundsätzlich abzulehnen, aber es ist genauso an der Zeit darüber nachzudenken wie man es schafft, die Nutznießer mit in die Verantwortung zu ziehen. Denn sowohl im Straßen- wie im Schienenbereich wird der Güterverkehr massiv vom Personenverkehr subventioniert. Nicht die Autos machen die Straßen kaputt, nicht die Personenzüge machen die Schienen kaputt, aber sie müssen zahlen für die Kosten, die der Güterverkehr verursacht. Unterfinanzierung ist nicht das einzige Problem.