Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Ja zu den Fahrgastrechten!

30.09.13 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn ich mit dem Auto fahre und im Radio höre, dass irgendwo ein Stau ist, dann fahr ich einen anderen Weg. Wen ich zehn Minuten länger brauche, dann bleiben zehn Minuten auch zehn Minuten und werden nicht wegen geplatzer Anschlüsse zu einer oder zwei Stunden. Das ÖV-Gesamtsystem ist darauf ausgelegt, dass es als solches funktionieren muss, wird es unzuverlässig, entstehen für die Beförderungsfälle dadurch enorme Härten. Noch vor ein paar Jahren hieß es, dass man den Fahrschein ja nur kauft, um überhaupt von A nach B transportiert zu werden, der Fahrplan sei lediglich so eine Art unverbindliche Empfehlung.

Gegen erhebliche Widerstände der DB AG hat die große Koalition in den Nullerjahren Regelungen getroffen, dass das Verkehrsunternehmen den Beförderungsfall bei erheblichen Verspätungen entschädigen muss. Zurecht. Der Vertrag wurde einseitig nicht eingehalten und dafür spielt es zunächst einmal keine Rolle, warum das der Fall ist. Wenn ich einen Handwerker bestelle und der kommt nicht, dann muss ich den auch nicht bezahlen, egal ob er den Termin versäumt hat, weil er besoffen in der Ecke liegt oder weil er auf dem Weg im Stau hängen geblieben ist. Das gilt auch im öffentlichen Verkehr, ganz gleich ob der Zug einen technischen Defekt hat, wegen eines Selbstmörders nicht weiterfahren kann oder ob der Lokführer seine Pause verlängert. In jedem Fall wurde die bestellte Leistung nicht erbracht.

Eine ähnliche Situation hat es im Konflikt zwischen Wettbewerbsbahnen und der DB Netz AG gegeben, die wollte, dass angemeldete Trassen auch dann bezahlt werden müssen, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden, etwa weil der Zug aus einem von DB Netz zu verantwortenden Grund nicht weiterfahren konnte. Mofair-Hauptgeschäftsführer Engelbert Recker spricht in der aktuellen Zughalt-Ausgabe einen wichtigen Punkt an: Das ist kein Nachteil für den Fernreiseverkehr am Boden im Vergleich zum Flugverkehr, es ist ein Vorteil: Während mehrstündige Verspätungen auch bei Inlandsflügen an der Tagesordnung stehen, haben Eisenbahn- und Fernbuskunden klar definierte Rechte für den Fall, dass es Verspätungen von einer Stunde oder mehr gibt.Dass sie ausgerechnet von einem Wettbewerberverband kommt zeigt, dass marktwirtschaftliche Strukturen auch im ÖV-Sektor richtig und wichtig sind.

Natürlich müssen öffentliche Verkehrsleistungen öffentlich bestellt werden, deshalb sind hohe Pönalisierungen bei Schlechtleistungen so wichtig. Um zu gewährleisten, dass private Unternehmen ein ökonomisches Eigeninteresse an guten Leistungen haben, müssen entsprechende Rahmenbedingungen gesetzt werden. Wenn sich eine Reise um mehr als eine oder gar mehr als zwei Stunden verzögert, dann wurde die Leistung nicht wie vereinbart erbracht. Wenn das hohe Kosten nach sich zieht, muss man über die Leistungsfähigkeit des Angebots nachdenken. Ein Fahrplan hängt ja nicht am Bahnhof, damit die Vitrinen nicht so leer sind, sondern er muss als solcher eingehalten werden. Eine Eisenbahn, die nach dem Prinzip Kartoffelsalat gefahren ist, hatten wir bereits vor 1994 – und die ist vollumfänglich gescheitert.

Kommentare sind geschlossen.