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Infrastruktur kommunalisieren, Verkehr privatisieren

19.09.13 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Hangen, Bangen und Langen! Die Schwebebahn liegt in der Luft! Wenn das Projekt nur nicht verpufft – und nicht zerrinnt, als holder Wahn. Die hoch erhab´ne Schwebebahn. Die Wuppertaler Schwebebahn ist seit eh und je ein Thema, das Dichter und Denker aufnehmen und zum Motiv ihres Schaffens machen. Nun wollen die Wuppertaler Stadtwerke die gesamte Anlage also an die Stadt Wuppertal verkaufen und von dieser zurück mieten, weil die Stadt sich zu deutlich günstigeren Konditionen am Kapitalmarkt bedienen und darüber hinaus die erheblichen Investitionen, die dort in den letzten Jahren getätigt wurden, auf 60 Jahre strecken kann. Die handelsrechtlich organisierten Stadtwerke müssten die Anlage auf 40 Jahre abschreiben, was zu hohen Mehrkosten führen würde.

Doch es reicht nicht, wenn man einfach nur Anlagen zwischen Stadt und städtischer GmbH hin- und herschiebt, es muss sich mehr tun. Gerade in Wuppertal, wo Bus und Bahn seit Jahren nur noch ein riesiges Streichkonzert ist, wird es Zeit, dass die Stadt ihre Rolle aus Aufgabenträger für den kommunalen Verkehr ernst nimmt und nicht die Stadtwerke schalten und walten lässt, wie man dort gerade Lust hat oder wie es, je nach Ergebnis der Ver- und Entsorgungssparte, gerade finanziell klappt. Das ist ordnungspolitisch fragwürdig und welche Kostensenkungspotentiale vorhanden sind, kann kein Mensch nachvollziehen. Eigenen Angaben zufolge würden die Stadtwerke der Stadt Wuppertal regelmäßig nachweisen, dass sie nicht teurer sein, als es bei einer marktgerechten Vergabe der Fall wäre, doch wer will das nachvollziehen oder werden regelmäßig Ausschreibungen gemacht, wohl wissend, dass der beste Bieter ohnehin keine Chance hat und man nur wissen will, ob die Stadtwerke auch nicht zu teuer sind?

Gerade der Busverkehr, den die Stadtwerke längst an eigenes gegründete GmbH und private Subunternehmen ausgegliedert haben, gehört in den Wettbewerb überführt. Es gibt im VRR kommunale Verkehrsunternehmen, in denen die Inhouse-Vergabe als solche richtig praktiziert wird. Da führt das Unternehmen den Verkehr durch und konzentriert sich aufs Kerngeschäft. Bei den Wuppertaler Stadtwerken ist das nicht mal ansatzweise der Fall und deswegen wird es Zeit, diese Strukturen zu durchbrechen. Das gilt auch für den Betrieb der Schwebebahn. Wenn die Stadt Wuppertal die Anlage schon in ihren Besitz überführt, kann sie auch den Verkehr daran ausschreiben.

Der Betrieb in so einem Inselsystem ist deutlich anspruchsloser als beim regulären SPNV, die jetzt zur Anschaffung anstehenden neuen Fahrzeuge werden – in welcher Konstellation auch immer – durch die öffentliche Hand kofinanziert und das vom VRR für den SPNV ausgearbeitete Lebenszyklusmodell ist für den Stadtbahnverkehr – und die Schwebebahn ist nichts anderes – besonders gut geeignet. Übrigens, ein nettes Beispiel: Die Triebzüge der Schwebebahn stammen aus den 70er Jahren. Die Fahrzeuge der U-Bahnen in München und Nürnberg aus dieser Zeit sind fast baugleich. So groß ist der Unterschied nämlich nicht und die private Hersteller achten schon selbst auf wirtschaftlich solide Strukturen.

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