Der Reiz des Infrastrukturfonds
02.09.13 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
So richtig neu ist das nicht, was die Zukunftskommission der Landesregierung da vorlegt und doch ist es wichtig, einmal Schwarz auf Weiß mit wissenschaftlichem Nachdruck nachvollziehen zu können, wo die Probleme liegen und wie man sie lösen muss. Immer stärker steigende Kosten auf der einen und knapper werdende öffentliche Mittel auf der anderen Seite. Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, an dem das System kollabiert und der steht kurz bevor. Da nutzt es auch nicht, wenn man wirtschaftlicher wird, denn Sparen allein löst das Einnahmeproblem nicht.
Die Idee ist, einen von politischer Einflussnahme unabhängigen Infrastrukturfonds zu schaffen, der aus bestimmten Quellen finanziert wird und unabhängig von öffentlichen Haushalten und dem Zugriff sparwütiger Finanzpolitiker auf Dauer die Finanzierung öffentlicher Verkehrsmittel sicherstellt. Denn gerade Nordrhein-Westfalen macht vor, was auch nur eine kurze Amtszeit eines erkennbar schienenfeindlichen Verkehrsministers anrichten kann. Nein, das Credo Straße vor Schiene ist nicht ideologiefrei und die Forderung nach einem stärkeren öffentlichen Verkehr ist kein Überbleibsel aus den 70er Jahren sondern brandaktuell. Ein Sonderfonds, wie er von der Kommission vorgeschlagen worden ist, hat den Vorteil, dass er sich nicht als Spardose für die öffentlichen Haushalte eignet, doch auch hier ist Vorsicht geboten. Als die Regionalisierungsgelder 2007 vermeintlich gesenkt worden sind, haben die Länder auch deshalb zugestimmt, weil sie das nicht mehr zweckgebundene Geld aus der Überkompensation haben wollten. Die Länder kriegen jetzt mehr Geld vom Bund, dürfen damit aber machen, was sie wollen.
Eine ähnliche Gefahr besteht auch bei einem Infrastrukturfonds, auch hier ist eine große Mehrheit jederzeit in der Lage, das Geld umzuleiten. In einer Demokratie ist das auch nicht grundsätzlich falsch, dass demokratisch legitimierte Mandatsträger solche Entscheidungen treffen können. Vielleicht ist das der Punkt, an dem man noch einmal über Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) nachdenken sollte. Die öffentliche Hand nimmt hier keinen Kredit mehr auf, sondern beauftragt einen privaten Investor mit der Infrastrukturfinanzierung und mietet diese dann. Das hat gerade vor dem Hintergrund der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse den Vorteil, dass das Geld eben nicht über öffentliche Kredite finanziert werden muss.
Auf der anderen Seite hat die Diskussion über die Rollmaterialfinanzierung beim Rhein-Ruhr-Express gezeigt, dass es für alle Beteiligten deutlich wirtschaftlicher ist, wenn der Aufgabenträger selbst die Züge beschafft, weil man dann nicht die Rendite privater Investoren mitfinanzieren muss. Bereits bei diesem kleinen Teilbereich zeigt sich also, dass es die eine absolut richtige Antwort nicht gibt. Darum ist der Kommissionsbericht auch so interessant, er macht Vorschläge und greift Ideen auf. Entscheiden müssen am Ende aber doch wieder Politiker. Denen fehlt zwar oft die Sachkenntnis und doch gilt das Primat der Politik. Deshalb ist es schwer an dieser Stelle so zu tun, als gäbe es Antworten auf alle Fragen. Fest steht aber eins: Einfach Weiterwurschteln geht nicht.