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Mainz wie es sinkt und kracht

15.08.13 (Kommentar, Rheinland-Pfalz) Autor:Stefan Hennigfeld

Am Montag endete der Text an dieser Stelle mit dem Satz, dass die Zustände in Mainz einem zivilisierten Land wie der Bundesrepublik Deutschland unwürdig sind. Man stelle sich mal vor, in Griechenland oder Italien würde so etwas passieren, das Hohngelächter wäre kaum auszuhalten um vermeintlich faule Südeuropäer, die lieber in der Sonne sitzen statt zu arbeiten. Wenn in den GUS-Staaten Städte wegen Personalmangel abgekoppelt werden, dann stellt man sich sofort die Frage, ob der Schienenweg nach China wirklich besser ist als der über die Ozeane.

Doch das passiert in einer deutschen Landeshauptstadt, was fünf Wochen vor den Bundestagswahlen jedem zeigt, in welchem Zustand die Eisenbahn in Deutschland ist. Nein, auch wenn es gemeinhin Tenor ist, es sind keine Spätfolgen Mehdorn´scher Misswirtschaft mehr, sondern die aktuelle Unternehmensführung trägt die Verantwortung für die Misere. Nach über vier Jahren ist es nicht mehr statthaft, alles auf den Vorgänger zu schieben, auch wenn dieser den Konzern in desolater Verfassung übergeben hat. Mittlerweile hat Bahnchef Rüdiger Grube seinen Urlaub abgebrochen, auch zurecht. Das ist eine schwere Krise und da hat der oberste Eisenbahner im Land vor Ort zu sein, um die Probleme zu lösen. Nur einer schweigt, das ist der Bundesverkehrsminister.

Damit erinnert er an den späten Wolfgang Tiefensee, der im Frühjahr 2009, als Enthüllungen über die Machenschaften der Konzernsicherheit das Ende der Mehdorn-Zeit eingeläutet haben, ebenfalls durch Passivität und Schweigen auffiel. Dabei sollte es doch soviel besser werden unter dem „neuen Führungstrio“ Utz Felcht im Aufsichtsrat, Rüdiger Grube an der Spitze und Verkehrsminister Peter Ramsauer. Letzterer jedenfalls scheint seinen Urlaub nicht zu unterbrechen. Das jedoch, verlangen einige Herrschaften von den betroffenen Eisenbahnern. Sie sollen gefälligst zurückkommen, Weichen stellen. Wer in seinem Leben schon mal einen Familienurlaub gemacht hat, weiß was das bedeutet: Da müssen Vater und Mutter zur gleichen Zeit Urlaub kriegen, das ganze dann in den Schulferien und im Sommer.

Statt solchen populistischen Forderungen sollte man sich lieber mal die Frage stellen, was denn Herr Döring im Aufsichtsrat all die Jahre getan hat, um solche Situationen zu verhindern. Hat man sich nie über den Personalbestand informieren lassen? Wieso hat man, auch unter Mehdorn, die Politik des bedingungslosen Personalabbaus mitgetragen? Mit dem damals so beliebten Spruch „Die Bahn muss börsenfähig“ werden hat das nichts zu tun, denn börsenfähig ist das alles nicht mal ansatzweise. Man stelle sich mal vor, die Deutsche Telekom muss für vier Wochen Mainz vom Telefonnetz abkoppeln, weil kein Personal vorhanden ist. Nein, das ist alles nicht mehr tragbar, was hier läuft. Stattdessen sollte man sich für die Zeit nach den Bundestagswahlen ein Gesamtkonzept überlegen. Wo soll diese Bahn hinfahren und welche Ziele haben wir mit dem Verkehrsträger Schiene? Eine ganzheitliche Verkehrspolitik unter Einbeziehung der Schiene tut Not – der Wahlkampf sollte möglichst raus gehalten werden.

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