Wie reguliert man die Eisenbahn?
01.07.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Nachricht von einem gescheiterten Eisenbahnregulierungsgesetz impliziert, dass es keinerlei Regelungen gäbe und dass die DB AG nach Belieben „diskriminieren“ könne, doch das ist mitnichten der Fall. Die Eisenbahn ist längst reguliert, jedes zugelassene Eisenbahnverkehrsunternehmen darf aufs Netz und dort Züge anbieten. Allüren, wie sie noch unter Mehdorn versucht wurden, etwa dass man NE-Züge nicht in den Fahrplanmedien berücksichtigt, nicht ansagt oder nicht auf der Anzeigetafel anschlägt, gehören der Vergangenheit an.
Diese Eisenbahn von heute hat längst nichts mehr mit der dogmatischen Unteilbarkeit von Verkehr und Infrastruktur zu tun, wie es bei der alten Behördenbahn der Fall war, wir sind längst weiter. Im zwanzigsten Jahr der Eisenbahnreform sind wir weiter und diskutieren über viel speziellere Themen. So geht es z.B. um eine mögliche Kostenbremse im Infrastrukturbereich, um zu verhindern, dass das Budget der Aufgabenträger real immer kleiner wird. Jetzt kann man lang und breit über angemessene Rendite diskutieren und die Frage, ob es akzeptabel ist ein Return on Invest von neun Prozent im Jahr zu verlangen, wenn man von öffentlicher Verkehrsinfrastruktur spricht.
Diese Debatte ist zwar aus makroökonomischer und ordnungspolitischer Sicht spannend, hilft den Aufgabenträgern vor Ort aber nicht weiter. Diese werden in den kommenden Jahren zwangsweise ihr Angebot ausdünnen müssen, weil sie den Status Quo nicht mehr finanzieren können. Es ist nicht möglich, auf Dauer Kostensteigerungen durch Ausschreibungsersparnisse zu finanzieren und es ist auch nicht erstrebenswert. Wenn der Preis für den Zugkilometer sinkt, dann muss das durch Leistungsausweitungen wiederum der Allgemeinheit zugute kommen. Der Vorschlag, dass die Trassenpreise direkt vom Bund bezahlt werden, ist klug. Die Aufgabenträger wären das Thema los, gleichzeitig würde der Bund in die Situation gebracht werden, dass man die grundsätzliche Eisenbahnpolitik überdenken müsste. In jedem Fall wäre der Bundesverkehrsminister gezwungen, sich in dieser Frage direkt mit seiner DB Netz AG und deren Finanzbedarf auseinanderzusetzen; die Besteller wären außen vor.
Diese Situation will man beim Bund gerne vermeiden, denn die immer stärker steigenden Trassengebühren in Kombination mit einer auch steigenden Bahndividende sind am Ende eine faktische Senkung der Regionalisierungsgelder. Das haben die Länder durchschaut und versuchen gegenzusteuern. Die gesetzlichen Regionalisierungsgelder kann der Bund nicht eigenmächtig kürzen, aber er kann sie über diesen Umweg faktisch senken. Gleichzeitig ist der Bund Gesellschafter der DB AG, die Länder sind als Aufgabenträger Geschäftspartner, die Rollen sind klar verteilt. Es geht hier aber nicht um föderalistische Machtkämpfe oder Konflikte, wer wofür zahlen soll. Es müssen kurzfristige Lösungen her, um zumindest die aktuellen Fahrpläne verlässlich abzusichern. Wenn das nicht passiert und die Leistungen trotz Nachfrage ausgedünnt und abbestellt werden, dann setzt man die Fahrgäste auf die Straße. Von einer Verkehrswende kann dann keine Rede mehr sein.