Öffentliche Kofinanzierung sichern
15.07.13 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld
Die neuen Verwendungsmöglichkeiten der ÖPNV-Pauschale im VRR sorgen dafür, dass Gelder, die bislang für die Fahrzeugbeschaffung vorgesehen waren, zum Ausgleich konsumtiver Kosten dienen können. Natürlich bleibt es zweckgebunden, aber es kann als Ersatz für die kommunalen Mittel dienen, die man bislang zur öffentlichen Kofinanzierung des ÖPNV genutzt hat. Die Folge ist, dass die Städte faktisch aus der Finanzierung aussteigen können und Gelder, die bislang investiven Zwecken vorbehalten waren, werden künftig genutzt um laufende Kosten zu decken.
Dabei werden viele Gebietskörperschaften gar keine andere Wahl haben, denn quasi das gesamte Ruhrgebiet lebt seit Jahrzehnten von Nothaushalten. Ohne Frage, hier hat viel mit politischer Misswirtschaft zu tun, aber mittlerweile ist in vielen Fällen ein Grad der Handlungsunfähigkeit erreicht, der für ein funktionierendes Gemeindesystem nicht mehr akzeptabel ist. Im konkreten Fall bedeutet das, dass regelmäßige Investitionen in angemessene Busse und Bahnen nicht mehr im gewohnten Maß stattfinden können. Der Komfort wird sinken, die Fahrzeuge werden immer älter, der öffentliche Verkehr wird unattraktiver. Was also nun? Nur wer investiert, bleibt vorne und wer seine Investitionen zurückfährt um laufende Kosten zu finanzieren, der wird eines Tages das böse Erwachen spüren. Das gilt auch fürs öffentliche Verkehrswesen.
Dazu kommt, dass bei einer immer stärker steigenden Nutzerfinanzierung die Steuerungsmöglichkeiten des öffentlichen Aufgabenträgers erheblich beschnitten werden. Was dem VDV und seinen Mitgliedsunternehmen recht sein mag (welches Verkehrsunternehmen wäre den lästigen Aufgabenträger nicht gerne los, der immer Ärger wegen Schlechtleistungen macht), würde dazu führen, dass man den Leistungserbringern nach Strich und Faden ausgeliefert wäre. Die könnten entscheiden, wann und wo sie fahren, nach Gutdünken den Fahrplan ausdünnen oder auch einfach mal gar nicht fahren. Doch die Kommunen müssen in dieser Situation mehr tun. Sie müssen den Mut haben alte Zöpfe abzuschneiden: Wer die finanzielle Sicherheit öffentlicher Verkehrsmittel auf Dauer gewährleisten will, der braucht statt Inhouse-Vergaben Ausschreibungswettbewerbe, um marktgerechte Preise zu erzielen.
Die Kommunen, die mit Sicherheit schon bald nach mehr Geld schreien werden, sind durch ihre Doppelfunktion aus Aufgabenträger und Gesellschafter des Monopol-Verkehrsunternehmens nicht in der Lage, für effiziente Strukturen zu sorgen. Da liegt das Problem. Deshalb braucht man Courage, denn hier sind dicke Lobbyistenbretter zu bohren, auch in den eigenen Reihen. Auch auf die Gefahr hin, dass die Gewerkschaften demonstrieren und vor neoliberalem Unheil warnen. Marktwirtschaft ist die Grundlage unseres Wohlstandes. Nur wer am Markt bestehen muss, arbeitet wirtschaftlich, das gilt auch im kommunalen ÖPNV. Relativ schnell wird man merken, dass man als reiner Aufgabenträger erheblich mehr Möglichkeiten hat, mit ökonomischen Mitteln Druck auszuüben. Das Erfolgsmodell aus dem SPNV muss übertragen werden.