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Intelligenz und schulischer Erfolg

18.07.13 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es gibt keinen Wirkungszusammenhang zwischen Intelligenz und (schulischem) Erfolg. Das ist in der Lehr- und Lernforschung völlig unumstrittener Stand der Wissenschaft. Es wäre ein Leichtes, an dieser Stelle zu polemisieren, dass die Deutsche Bahn sich hier zum Auffangbecken für Schulversager macht.

Sicher muss man Programme wie Chance Plus immer wieder kritisch reflektieren und den Nutzen für das Unternehmen betrachten, aber unbestreitbar ist, dass das Potential an Bewerbern nicht größer wird. Aus diesem Grund fährt die Deutsche Bahn richtig damit, dass sie nicht einzelne Zensuren zum Ausschlusskriterium macht, denn diese werden oft nach Lust und Laune vergeben. Ja, manche Lehrer haben ihre Lieblinge, andere geben Gnaden- oder auch Rachezensuren und wieder andere würfeln.

Ich selbst hatte in der achten und neunten Klasse eine Englischlehrerin, nennen wir sie Frau Schmitz, die auf dem Höhepunkt ihrer cholerischen Anfälle (die mindestens viermal die Woche waren) regelmäßig gedroht hat: „Ich hab schon so manchem auf dem Abschlusszeugnis eine Sechs in Englisch gegeben! Die laufen jetzt arbeitslos in Witten rum!“ Frau Schmitz, deren Ausfälle von pathologischer Natur waren und die man in der freien Wirtschaft wohl wegen Unfähigkeit längst aussortiert oder in einer psychiatrischen Klinik untergebracht hätte, sammelte offensichtlich Arbeitslose.

Das ist ja auch spannender als Briefmarken oder gar Modelleisenbahnen (Zugfahren? Wer gut in der Schule ist, wird bald Geld für ein Auto haben!). In jedem Fall hielt Frau Schmitz diejenigen Ex-Schüler bei der Stange, die den Weg in die öffentliche Verwaltung eingeschlagen haben und jetzt im Arbeitsamt ihrem Broterwerb nachgehen.

Ich selbst war am Ende meiner Realschulzeit nicht mehr betroffen, weil ich in der neunten Klasse meine erste Internetseite gemacht habe (früh übt sich …) und die Lehrer daraufhin beschlossen, dass ich für die zehnte Klasse auf eine andere Realschule gehen möchte.

Die Frage, die man sich jetzt stellen muss ist, ob man Leuten wie Frau Schmitz die Macht geben will, ganze Lebensentwürfe aus einer schlechten Laune heraus zu zerstören. Wer kennt nicht den verknöcherten Physiklehrer, der es versteht, auch die interessantesten Sachzusammenhänge auf einen staubigen Brei zusammenzuschrumpfen, nur um dann über vermeintlich faule Schüler zu lamentieren.

Ach ja: In der Sekundarstufe 2 gab es eine Lehrerin, die uns ihr Leid geklagt hat: „Seit zwanzig Jahren wird die Arbeitsmoral immer schlechter und schlechter.“ Schon Sokrates attestierte der antiken Gesellschaft den Untergang wegen der faulen und inkompetenten Jugend. Wir haben aber nur diese eine junge Generation und mit der muss man sich engagieren.

Seit jeher gibt es Spätstarter, Jugendliche, die in ihren Schulen nicht ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert werden und dazu ein Schulsystem, das von der ersten Klasse bis zum Abitur nichts anderes tut als auszusortieren. Doch jetzt taucht das Problem auf: Am Ende werden es immer weniger, die übrig sind. Und zu Frau Schmitz´ Leidwesen wird so mancher künftig ein guter Eisenbahner.

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