Lesen, was die Monopolkommission schreibt!
24.06.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Monopolkommission fordert eine Trennung von Netz und Betrieb. Sie tut das alle zwei Jahre und die Reaktionen darauf sind immer gleich: Die EVG wird wieder mit Dreck werfen, die beiden Wettbewerberverbände werden die Kommission loben und in zwei Wochen reden wir über was anderes. Dabei sollte man sich die Zeit nehmen, zu lesen, was die Autoren der Studie wirklich zu sagen haben, denn es geht um mehr als nur um die Konzernstruktur und eine ganze Reihe an Akteuren sollten das eigene Verhalten im Hinblick auf ökonomische Richtigkeit kritisch reflektieren, vor allem die Aufgabenträger.
Diese kritisieren zurecht die immer stärker steigenden Trassenpreise: Hier muss sich in der Tat was tun, bei der Dynamisierung der Regionalisierungsgelder muss der Bund die Kostensteigerungen zugunsten des Bundesunternehmens DB Netz berücksichtigen. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Gerade in puncto Rollmaterialkompatibilität haben die Aufgabenträger eine Menge Nachholbedarf. Im Moment haben wir fast für jedes Teilnetz eine eigene (Unter)-Baureihe, das ist völlig unwirtschaftlich. Die Fahrzeugvielfalt ist zu hoch. Es soll nicht die Rückkehr zum Einheits-Silberling werden, der von 1955 bis 1980 ohne jede Änderung gebaut wurde, man muss einen gesunden Mittelweg finden. In dieser Frage ist der deutsche SPNV seit der Regionalisierung von einem Extrem ins andere gefallen.
Das Handbuch Eisenbahnfahrzeuge ist hier ein Schritt in die richtige Richtung, denn es schafft die juristische Grundlage dafür, dass man Züge in gleicher Spezifikation nach einigen Jahren nachbestellen kann, aber die Aufgabenträger müssen das auch tun, vor allem aber müssen sie sich untereinander einig werden. Es kann nicht sein, dass jahrzehntelange Eisenbahnverbindungen auseinandergerissen werden, weil die regionalen Besteller sich nicht auf einen Fahrzeugstandard einigen können. Also: Zusammenarbeit verbessern, sowohl mit den Nachbarn als auch bundesweit. Das ermöglicht insgesamt niedrigere Anschaffungskosten, die sich dann auch im Preis niederschlagen. Das gilt übrigens ganz unabhängig von der Frage, ob der Aufgabenträger die Züge selbst anschafft, ein privater Investor im Auftrag des Bestellers oder der Betreiber auf eigene Rechnung. Das notwendige Investitionsvolumen hat eine direkte Auswirkung auf den späteren Preis, eine eigentlich triviale Erkenntnis.
Dabei hat sich die Marktsituation seit dem Abellio-Urteil deutlich entspannt. Von Befürwortern einer Gesetzesänderung hieß es, das Vergabevolumen müsse gesenkt werden, nur ein Teil soll in den Wettbewerb gehen, ein anderer Teil direkt an DB Regio, weil es zu wenige Ersteller gebe. Knapp zweieinhalb Jahre später sind mit National Express, RATP und MRT drei Weltkonzerne im deutschen Markt, einer hat sogar bereits eine Ausschreibung gewonnen. Wie kommt das? Haben die Deutschland auf der Weltkarte neu entdeckt? Die sind in den Markt eingestiegen, weil das Abellio-Urteil eine nachhaltige Änderung herbeigeführt hat: Es gibt jetzt einklagbare Rechte, Wettbewerb ist kein Gnadenakt des Aufgabenträgers mehr. Das macht den Markt für neue Bieter interessant.