Infrastrukturinvestitionen und Schuldenbremse
20.06.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Es war wohl zu erwarten, dass der VDV auf seiner diesjährigen Jahrestagung das Thema Infrastruktur in den Vordergrund stellt. Zu wichtig ist die Sache an sich, zu sehr drängen die Probleme. Die Daehre-Kommission rechnet mit 7,2 Milliarden Euro für die Verkehrsinfrastruktur insgesamt – pro Jahr, davon etwa zwei Milliarden Euro für die Schiene. Ja, es muss sich was tun in diesem Bereich.
Heute ist es modern, über die Welt zu reden, die man der nächsten Generation hinterlässt. Zu diesem Zweck wurde die Schuldenbremse ins Grundgesetz aufgenommen. Wer als Privatmann zu seiner Bank geht und um einen Kredit bittet, mit dem man dann einen anderen Kredit bedient, den man seinerseits schon aufgenommen hat, um einen weiteren Kredit zu bedienen, der wird wohl rausgeschmissen. Der Marsch in den Schuldenstaat muss gestoppt werden, doch Schulden kommen in vielen verschiedenen Facetten daher.
Die monetäre Schuldenbremse und eine auskömmliche Finanzierung öffentlicher Infrastruktur sind zwei Seiten einer Medaille. Wenn die nächste Generation einen schuldenfreien Staat und einen gigantischen Investitionsstau erbt, dann ist der positive Effekt dahin. Um es aufs Wirtschaftsleben zu übertragen: Ein Unternehmen, das zwanzig Jahre lang nicht investiert, ist in aller Regel am Ende schuldenfrei, aber auch wertlos. Deshalb ist es wichtig, dass man zwischen investiven und konsumtiven Ausgaben unterscheidet: Es verstößt nicht gegen die Regeln der Generationengerechtigkeit, eine Eisenbahnbrücke, die 30 Jahre genutzt wird, bis sie zur Sanierung ansteht, auch auf 30 Jahre zu finanzieren.
Auf der anderen Seite sind Bestellmittel für Zugleistungen (und auch die spricht der VDV ja zurecht an) konsumtive Ausgaben. Wenn der Zug gefahren ist, ist das Geld weg. Deshalb müssen diese beiden Ausgabenfelder noch stärker differenziert werden. Die Regionalisierungsgelder des Bundes sind dazu gedacht, Zugleistungen zu bestellen. Sie müssen aus dem Steueraufkommen bestritten werden. Hier haben Bund und Länder die Pflicht, für ausreichend Finanzmittel zu sorgen. Ja es stimmt, die Länder erhalten seit 2007 nicht zweckgebundene Kompensationsleistungen für die nominell gesunkenen Regionalisierungsgelder und haben daher eine eigene Verantwortung.
Es stimmt aber auch, dass die Kosten im Infrastruktursektor zugunsten des Bundesunternehmens DB Netz in den letzten Jahren massiv gestiegen sind. Es wäre schön, wenn der VDV sich hiermit befassen würde: Wie kann man sicherstellen, dass der Etat für Zugleistungen nicht sinkt, auch nicht real? Der Ansatz, dass man eine Konstellation schafft, bei der die Aufgabenträger in dieser Frage außen vor sind und bei dem die Bundesregierung sich selbst mit ihrer eigenen DB Netz AG auseinandersetzen muss, scheint naheliegend. Dann kann man auch wieder Ausschreibungsersparnisse realisieren. Obwohl: Die Zeit der Kampfpreise ist vorbei, die nächste Vergaberunde wird nicht mehr so billig. Auch das muss bei der Neuberechnung berücksichtigt werden. Zuerst müssen Verkehrsangebote definiert werden, erst dann darf es um die Frage nach der Finanzierung gehen.