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Grenzenloser SPNV

17.06.13 (Europa, Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir leben im vereinten Europa. Der Kalte Krieg ist lange vorbei, Jugendliche und junge Erwachsene kennen Mauer und Stacheldraht nur noch aus den Geschichtsbüchern. Niemand muss mehr an der Zollstation stehen und seine Pässe zeigen, man braucht kein Visum und die (ehemaligen) Übergänge erkennt man seit dem Schengen-Abkommen nur durch Straßenschilder. Europa wird nicht, Europa ist grenzenlos.

Das sollen auch keine Allgemeinplätze sein, die Europäische Einheit ist das größte Friedensprojekt aller Zeiten und die Konflikte, die aktuell aus geldpolitischen Gründen ausgetragen werden, hätten noch vor ein paar Jahrzehnten zu einem blutigen Krieg geführt. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir alle Europäer sind. Nur die Eisenbahn, die zur Mitte des 19. Jahrhunderts einmal der Inbegriff für Innovation und Fortschritt war, hängt dieser Entwicklung, wie sollte es anders sein, hinterher. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln braucht man zwei Stunden von Emmerich nach Arnheim, mit dem Auto nur etwa eine halbe Stunde. Die Fahrzeit wird nach Einführung der neuen Verbindung endlich konkurrenzfähig.

Man kann fest davon ausgehen, dass hier eine neue SPNV-Erfolgsgeschichte geschrieben wird. Deshalb ist der nordrhein-westfälische Landesverkehrsminister Michael Groschek (SPD) auch so begeistert. Projekte dieser Art treiben die Verkehrswende ernsthaft voran, denn das ist genau die Form von Angebotsverbesserung, die man dazu braucht. Dass Groschek die Firma Abellio während seiner Rede immer wieder „Abjolli“ genannt hat, unterstreicht zudem die hohe Fachkompetenz des Ministers in Sachen SPNV: Hier redet jemand, der die Branche kennt und Ahnung von der Materie hat. Man kann sicher sein: Bei Groschek ist der Verkehr in guten Händen und das Abjolli-Urteil hat den Markt in den letzten knapp zweieinhalb Jahren stark verändert, wie er sicherlich wissen wird.

Doch es gilt, solche grenzüberschreitenden Projekte fortzuschreiben und mit Grenzen sind durchaus auch die zwischen zwei Bundesländern oder auch nur Aufgabenträgern gemeint. Es ist doch bemerkenswert, dass eigenwirtschaftliche Güterzüge ohne Probleme quer durch Europa fahren und die Hersteller jederzeit Lokomotiven mit Zulassungen in mehreren Ländern liefern können, während das im Personenverkehr noch immer ein Riesenproblem darstellt. Oder liegt es vielleicht daran, dass die Betreiber von Güterzügen ihr eigenes Geld investieren und im Wettbewerb mit dem LKW bestehen müssen, während der SPNV sein Geld in jedem Fall vom Staat kriegt?

Dabei kann der Kostendeckungsgrad erheblich steigen, ob Angebotsverbesserungen, wie sie hier praktiziert werden, tatsächlich Mehrkosten verursachen oder sogar durch eine erhebliche Anzahl neuer Fahrgäste komplett kostendeckend sein werden, bleibt erst noch abzuwarten. Auf jeden Fall muss man solche Engagements auch an anderer Stelle fortsetzen. Ein konkretes weiteres Beispiel im VRR liegt auf der Hand: Wenn der RE 13 nur einige Minuten früher aus Richtung Düsseldorf in Venlo ankäme, dann würden die Fahrgäste dort noch den niederländischen InterCity nach Eindhoven erreichen. Grenzenlose Mobilität eben.

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