Gesellschaftliche Akzeptanz der Eisenbahn erhöhen
27.06.13 (Güterverkehr, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Zuallererst: Wir leben im 21. Jahrhundert. Da muss es ja wohl möglich sein, Güterzüge durch Deutschland fahren zu lassen, ohne dass bei den Nachbarn die Wände wackeln. Eine ernsthafte Verkehrsverlagerung auf die Schiene ist aber nur möglich, wenn selbige eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz hat. Die Eisenbahn darf nicht als lärmverursachender, die Leute belästigender Moloch wahrgenommen werden, denn auch wer in der Nähe einer Eisenbahnstrecke wohnt, sollte davon überzeugt werden, dass Güterzüge einen hohen Nutzen haben und nicht nur schlafraubend sind.
Klar: Obskure Forderungen nach einer innerörtlichen Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h oder ein generelles Nachtfahrverbot sind nicht durchsetzbar und auch kontraproduktiv. Die Schiene muss zuverlässig funktionieren. Investitionen in Flüsterbremsen sind da der richtige Ansatz, um den Lärm dort zu vermeiden, wo er entsteht. Lärmschutzwände mögen an Autobahnen irgendwo in der Lüneburger Heide ja sinnvoll sein, aber wenn man Güterzüge durch Weltnaturerbe-Regionen in Sachsen oder am Mittelrhein schickt, da kann man nicht einfach alles zubetonieren. Auch Lärmschutzfenster helfen nur bedingt, denn gerade jetzt in der warmen Jahreszeit möchte man doch schließlich frische Luft im Wohnzimmer haben.
180.000 Güterwagen umzurüsten ist jedoch teuer, eine öffentliche Förderung als Investitionsbeihilfe ist da durchaus akzeptabel. Jetzt werden aber schon Begehrlichkeiten geweckt, dass auch die Wartung durch die öffentliche Hand finanziert werden soll und an dieser Stelle muss irgendwann Schluss sein: Hier sind die Betreiber eigenwirtschaftlicher, kommerzieller Güterzüge selbst gefragt, für die Instandhaltung ihrer Anlagewerte zu sorgen. Natürlich schlägt das auch den Preis hoch, auf der anderen profitieren solche Unternehmen wiederum vom eigens als Investitionsanreiz eingeführten lärmabhängigen Trassenpreissystem. Jetzt kann man natürlich darüber sprechen, dass die Schiene auch im Wettbewerb mit dem LKW steht, aber an dieser Stelle ist ebenfalls der Bund gefragt, steuernd einzugreifen. Um bei den Trassenpreisen zu bleiben: Während sich die schwarz-gelbe Koalition am Anfang der Legislaturperiode auf ein Mautmoratorium geeinigt hat, sind die von Güterzügen zu zahlenden Trassenpreise erheblich gestiegen; und zwar zugunsten des Bundesunternehmens DB Netz.
Auch an dieser Stelle läuft etwas ordnungspolitisch schief, allerdings im intermodalen Wettbewerb. Ein Mautmoratorium hält den LKW-Verkehr künstlich billig und damit die Schiene dann trotzdem noch wettbewerbsfähig bleibt, subventionieren wir die an anderer Stelle gleich mit. Hier tritt ein Subventionswettbewerb ein, an dessen Ende das Verkehrsaufkommen stärker steigt als es müsste, während die Kosten für die öffentliche Hand ins unermessliche gehen. Richtiger wäre deshalb, die LKW-Maut und die Trassenpreise für Güterzüge im Gleichklang zu erhöhen. Das würde auch auf der Schiene für mehr Kostengerechtigkeit zwischen Personen- und Güterverkehr sorgen, denn im Moment stehen Güterzüge unter einem erheblichen Druck der mit künstlich billig gehaltenen LKW-Fahrten.