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Die Unerträglichbarkeit der S-Bahn Berlin

03.06.13 (Berlin, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Zwar erfüllt die S-Bahn Berlin GmbH noch längst nicht ihre vertraglichen Pflichten, aber nach über vier Jahren fahren zumindest alle Linien wieder. Darauf sind die allen ernstes stolz und eine Menge Berliner Politiker sehen das ähnlich. Die Ansprüche sinken immer weiter, letztlich ist man froh, dass überhaupt irgendwas fährt. Woanders ist ja schließlich noch schlimmer. Jetzt versucht die S-Bahn durch den penetranten Hinweis darauf, dass der DB-Konzern die Verluste übernimmt und somit vermeintliche Risiken vom Aufgabenträger fernhält. Man verschweigt dabei, dass man im Vorfeld gigantische Gewinne aus dem Unternehmen gezogen hat, die mittelfristigen Planungen sahen sogar vor, dass man die gesamten Bestellmittel des VBB als Gewinne an den Mutterkonzern ausschüttet.

Angesichts dieses Verhaltens, das VBB-Chef Hans-Werner Franz aus gutem Grund letzten Herbst im Eisenbahnjournal Zughalt.de mit dem einer Heuschrecke verglichen hat, kann man nur hoffen, dass der Verkehrsvertrag von 2003 bis 2017 insgesamt defizitär wird. Nicht aus Bosheit, sondern um ein klares Zeichen zu setzen: Ein solches Verhalten lohnt sich nicht, am Ende ist es unwirtschaftlich. Wer auf der Schiene ernsthaft Geld verdienen will, und das ist das berechtigte Ziel privater Betreiber, der muss an einem nachhaltigen sicheren Betrieb arbeiten. Dazu gehört selbstverständlich auch die Option, dass andere Bieter den Auftrag erhalten können, es darf keine Monopolstrukturen geben. Das gilt für die S-Bahn Berlin wie für alle anderen SPNV-Systeme in Deutschland.

Behauptungen, hier lägen technische Besonderheiten oder ähnliches in dieser Art vor, werden von der DB AG zwar wiederholt und penetrant kolportiert, haben aber mit der Realität nichts zu tun: Natürlich können andere Betreiber die S-Bahn Berlin fahren und es können auch mehrere Betreiber auf einem „geschlossenen“ Netz fahren. Die Betriebsführung ist aufgrund geringer Wechselwirkungen eher einfacher als im „großen“ Netz, schließlich handelt es sich um einen Inselbetrieb. Störungen durch verspätete Fernzüge, umgeleitete Güterzüge oder wartende Regionalzüge gibt es keine. Die Zugsicherung kann man objektiv allenfalls als primitiv bezeichnen. Vollmechanische Technik, nicht mal Magnetspulen gibt es, auf die die Bundesbahn bereits in den 50er Jahren zurückgegriffen hat.

Worin unterscheiden sich die Fahrzeuge von anderen? Weil es keinen Stromabnehmer auf dem Dach, sondern eine seitlich bestrichene Stromschiene gibt? Weil das Lichtraumprofil etwas anders ist? Das ist doch nicht ernst gemeint. Die Lichtraumprofile der U-Bahnen dieser Welt unterscheiden sich immer ein wenig voneinander und ansonsten ist die Art der Stromzufuhr allenfalls ein kleineres Problem. Ein Beispiel: Die Triebzüge der U-Bahnen München und Nürnberg aus den 70er Jahren und die der Wuppertaler Schwebebahn sind fast baugleich. Warum? Weil die Unterschiede nur rudimentär sind. Ob man eine Oberleitung hat, eine Stromschiene, ob die Räder oben oder unten sind, in jedem Fall hat man elektrische Triebzüge auf/an der Schiene. Deshalb kann die S-Bahn Berlin ohne Sorge ausgeschrieben werden.

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