Die innere Logik der Eisenbahnreform
13.06.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
An dieser Stelle zeigen sich die Vorteile des Föderalismus: Die Länder, die die Suppe hinterher auslöffeln müssen, die die Bundesregierung ihnen jetzt einbrocken will, können rechtzeitig vorher die Notbremse ziehen und zurecht sagen „so nicht!“ Denn es kann nicht sein, dass der Bund über immer stärker steigende Trassenpreise zugunsten seiner DB Netz AG die Regionalisierungsgelder faktisch immer stärker senkt und gleichzeitig die Verantwortung auf die Länder abwälzt. Dabei haben die sehr wohl eine solche und dürfen sich nicht herausreden. Eine einseitige Erhöhung wäre im Hinblick auf Finanzierungsgerechtigkeit inakzeptabel, weil die Länder seit 2007 nicht zweckgebundene Kompensationszahlungen zum Ausgleich für die gesunkenen Regionalisierungsgelder erhalten.
Vor diesem Hintergrund wird es Zeit, sich einige grundsätzliche Fragen zu stellen: Der Bund gibt den Ländern Geld, die davon Zugleistungen bei privaten oder einem bundeseigenen Unternehmen bestellen und über die Trassenpreise fließt im Rahmen der Bahndividende ein Teil des Geldes an den Bund zurück. Solche Konstrukte geben den vulgärmarxistischen Radikalkritikern der Eisenbahnreform Oberwasser. Es wird Zeit, das Projekt im Rahmen der inneren Logik fortzuschreiben. Der jetzige DB-Konzern ist ein absurdes Konstrukt, das nicht Start und nicht Ziel ist, sondern aus einer abgebrochenen Transformation des Schienensektors heraus entstanden ist.
Es sollte mit einer Neuorientierung der Regionalisierung anfangen: Die Länder sollten, eine einmalige Änderung des Steuerverteilungsschlüssels vorausgesetzt, überhaupt keine Regionalisierungsgelder vom Bund mehr bekommen, sondern selbst entscheiden, wie viel Geld ihnen die Schiene wert ist (oder auch nicht). Dann darf man gespannt sein, ob hochgradig unwirtschaftliche Direktvergaben an DB Regio jemals wieder ein Thema sein werden. Hätte die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen auch dann alles versucht, das Abellio-Urteil zu verhindern, wenn hier Landes- statt Bundesgelder verbrannt worden wären? Doch auch hier gibt es eine Kehrseite: Es steht zu befürchten, dass Ausschreibungsersparnisse nicht mehr zu Leistungsausweitungen oder Investitionen aufgewandt werden können, sondern in den Landeshaushalten versickern, dass man erst ein Angebot definiert und jeden gesparten Euro anderweitig verjubelt. Die Tendenz zur Schaffung neuer Beamtenposten für verdiente Genossen und Parteifreunde ist bei allen Farben gleichermaßen vorhanden.
Darüber hinaus steht der ÖPNV in Konkurrenz mit deutlich handfesteren Dingen: Ein Politiker weiht lieber ein Museum, Opernhaus oder Fahrradweg ein als höhere Kapazitäten im SPNV zu ermöglichen. Aber auch hier kann Abhilfe geschaffen werden. Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender bei Pro Bahn, erzählte mal von einer Eröffnungsfeier für ein Überholgleis, bei dem es Bier und Bratwurst für die Öffentlichkeit gab und der örtliche Pastor das Gleis geweiht hat. Hier ist die gesamte Branche gefordert: Die Eisenbahn muss sich besser aufstellen und ihren Nutzen zeigen. Auch das ist gelebte Eisenbahnreform.