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Die Grenzen der Regionalisierung

21.05.13 (Europa, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Grundannahme ist, dass für die Bestellung regional relevanter Eisenbahnverkehrsleistungen auch regionale Besteller zuständig sein sollen, denn die wissen, was vor Ort gebraucht wird, haben den Kontakt zu den Verantwortlichen, die das darauf basierende kommunale Netz planen müssen und kennen ihre Heimat besser als eine zentrale Eisenbahnbehörde in Frankfurt oder Berlin, wie es zu Bundesbahnzeiten der Fall war. Finanziert aus Regionalisierungsgeldern, gibt es erstmals überhaupt feste Vereinbarungen über konsumtive Ausgaben und der Regionalverkehr wurde vom Stiefkind der Bundesbahn zur Cashcow der Deutschen Bahn AG.

Doch wie die BAG SPNV und ihre internationalen Kollegen richtig festgestellt haben, kommt man jetzt an die Grenzen der Regionalisierung, an die Grenzen der Verkehrsverbünde und stößt auf die Frage, wie man sich bei teilweise seit Jahrhunderten gewachsenen Verkehrsströmen verhalten soll, die sich nicht nach Verbund- oder Ländergrenzen orientieren. Die Autobahnen machen dort auch nicht Halt und man muss auf nicht abgestimmte Anschlüsse warten. Ein paar Beispiele: Wer mit der Westfalenbahn aus Richtung Münster in Osnabrück ankommt, muss dort knapp eine Stunde auf den Regionalexpress nach Bremen warten, weil der Anschluss gerade so eben verpasst wird. Die verantwortlichen Aufgabenträger NWL und LNVG waren nicht willens und / oder nicht in der Lage, sich hier abzustimmen. Wer also von Emsdetten nach Diepholz muss, hat faktisch gar keine andere Wahl als das Auto zu nehmen, die Eisenbahn ist aufgrund der Reisezeiten trotz angemessener Fahrzeiten nicht wettbewerbsfähig.

Fast schon klischeehaft ist das Beispiel Siegen, wo im Dezember 2010 die traditionsreiche Eisenbahnverbindung zwischen dem Rheinland und Gießen gekappt wurde. Geplatzte Anschlüsse und eine Stunde Extraaufenthalt am Siegener Bahnhof machen spätestens nach dem dritten Mal keinen Spaß mehr. Es ist daher notwendig, zu erkennen, dass die Regionalisierung im Interesse einer starken Eisenbahn fortgeschrieben werden muss. Wer, wie die ÖV-Lobby es ständig tut, nach mehr Geld schreit, der muss auch dafür sorgen, dass das Geld vernünftig eingesetzt wird. Beide genannten Beispiele zeigen auf, dass es Probleme gibt, die nichts zu tun haben mit einer allgemeinen Unterfinanzierung, sondern die ihre Ursache in schlechter oder nicht vorhandener Zusammenarbeit zwischen den Aufgabenträgern haben.

Deshalb ist an der BAG SPNV selbst, jetzt die entscheidenden Weichen zu stellen, um zu gewährleisten, dass es durchgehende Relationen gibt, auch ohne dass man dabei an extravaganten Sonderwünschen von Provinzfürsten scheitert. Die einen wollen 90 Zentimeter Gangbreite, die anderen haben verbundweit 95 Zentimeter, die einen verkaufen Fahrscheine im Zug, die anderen am Bahnsteigautomaten. Dazu gehört aber auch eine durchgehende Tarifierung, und zwar so, dass man dabei die Verkehrsverbünde beibehält. So planen VRS und AVV die Gültigkeit von Verbundfahrscheinen von Köln nach Aachen, ohne einen gemeinsamen Tarif. Das ist die Richtung, die einzuschlagen ist.

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