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Attraktiver ÖPNV statt Schikanen für Autofahrer

13.05.13 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Eine zentrale Erkenntnis vorweg: Bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 30 aus urbanen Milieus haben iPhone und iPad längst das eigene Auto als Statussymbol abgelöst. Erstmals überhaupt fahren junge Erwachsene seltener und weniger mit dem Auto als die eigenen Eltern. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass sich das Angebot, speziell seit der Regionalisierung, erheblich verbessert hat. Bereits seit den 70er Jahren gab es Bestrebungen künftig verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel zu setzen, die sich aber im wesentlichen darauf konzentriert haben, Autofahrern das Leben schwer zu machen.

Citymaut, Parkgebühren und immer weiter steigende Benzinpreise bringen aber keine Verkehrswende, weil das schlechte ÖV-Angebot vielerorts gar keine andere Wahl lässt. Das hat sich seit Mitte der 90er Jahre teilweise erheblich zum Positiven gewandelt, gerade in den Städten, in denen sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Mobilitätsverfügbarkeit auch zur Tagesrandlage vernünftig angeboten werden muss und dass ein Verkehrsverbund mehr ist als bloß ein Einheitsfahrschein, z.B. indem es anständige Anschlüsse auch dort gibt, wo die Aufgabenträgerschaft für Bus und Bahn in unterschiedlicher Verantwortung liegt. Nichtsdestotrotz ist das Papier, das der VDV in der vergangenen Woche vorgelegt hat, in vielerlei Hinsicht voller Ideologien, die man für längst überwunden gehalten hat: Da ist die Rede von horrenden Parkgebühren damit die Leute mit dem Bus in die Stadt fahren und jeder, der sich ein wenig mit der Materie auskennt, weiß, wohin das führt: Man schadet den Innenstädten zugunsten der Kaufhäuser auf der grünen Wiese.

Als die Stadt Wuppertal Anfang der 80er Jahre angefangen hat, alle Parkplätze kostenpflichtig zu machen in der Hoffnung, dass mehr Leute mit dem Bus fahren, gab es mehrere große Profiteure: Einer war das Einkaufszentrum Ruhrpark in Bochum, das über die A 43 von Wuppertal in rund einer Viertelstunde erreichbar ist. Eine Fahrt mit dem Bus in die Innenstadt dauert ebenso lange. Der VDV sollte sich statt der Zuwendung zu autofeindlichen Konzepten, die schon vor Jahrzehnten gescheitert sind, lieber auf die originäre Aufgabe seiner Mitgliedsunternehmen konzentrieren, nämlich guten Kundenservice. Wenn das Angebot stimmt, kommen die Leute von selbst, das sollte sich langsam in der Branche herumgesprochen haben, obwohl es offizielle VDV-Position ist, dass die Fahrgastzufriedenheit ein irrelevanter Wert ist.

Statt bei Abrechnungssystemen sofort und ausschließlich auf das DB-Angebot Touch and Travel zu setzen, wie der VDV es ganz selbstverständlich möchte, müssen die Vertriebsleistungen genauso ausgeschrieben werden wie die Fahrleistungen selbst, ein Automatismus Pro DB ist abzulehnen. Stattdessen sollten sich die Verkehrsunternehmen auf gute Qualität und Zuverlässigkeit konzentrieren, was gerade im kommunalen Bereich bei öffentlichen Unternehmen oft genug zu Problemen führt. Deshalb sind starke, den Fahrgästen verpflichtete und unabhängige Aufgabenträger besonders wichtig. Die Trennung von öffentlichen Bestellern und privaten Erstellern ist der größte Erfolg der letzten zwanzig Jahre.

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