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Bahnstrom: Marketingkampagne statt Umweltschutz

04.04.13 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist schon ein toller Werbespot, den die Deutsche Bahn da hat veröffentlichen lassen. Wir waren immer die umweltpolitischen Vorreiter, die Eisenbahn ist seit 1835 das Beste, was der Erde passieren kann. Nun ist die deutsche Eisenbahngeschichte größtenteils unrühmlich, aber das soll hier keine Rolle spielen. Tatsache ist, dass die Behauptung, der Anteil regenerativer Energiequellen am Bahnstrommix würde mit dem 1. April erhöht werden, maximal ein Aprilscherz ist, wenn nicht sogar eine vorsätzliche Irreführung. Der Spot mag bei Bildzeitungslesern und RTL2-Zuschauern vielleicht Begeisterung auslösen, ist aber fernab jeder Realität. Es handelt sich um buchhalterische Tricks, mit denen die DB AG es schafft, den Anteil des vermeintlichen Ökostroms für die Züge der DB Fernverkehr AG zu erhöhen; im Gegenzug sinkt der Anteil bei gemeinwirtschaftlichen Nahverkehrszügen, egal ob bei DB Regio oder den Wettbewerbsbahnen, ebenso wie bei Güterzügen.

Nun muss man dazu sagen, dass der deutsche Michel dazu neigt, die politischen Forderungen von gestern schnell wieder zu vergessen. Das gilt auch in diesem Fall: Im Herbst 2010, wenige Monate bevor im japanischen Fukushima ein Atomkraftwerk explodiert ist, gehörte Bahnchef Rüdiger Grube zu den Unterzeichnern eines „energiepolitischen Appells“ und hat sich vor den Karren der Atomlobby spannen lassen. Mit dabei waren unter anderem Friedrich Merz, Carsten Maschmeyer, Wolfgang Clement oder Josef Ackermann. Alles Leute mit einem äußerst fragwürdigen Ruf. Das zeigt aber auch, welche Einstellung der Bahnchef tatsächlich zur Energiepolitik hat.

Das ist vielleicht auch einer der Gründe, wieso man letzten Herbst öffentlich davor gewarnt hat, dass die Versorgungssicherheit bei DB Energie in Nordrhein-Westfalen gefährdet sein könnte, wenn mehrere Tage hintereinander deutliche Minusgrade herrschen. Nun ist das nicht eingetreten, auch weil ein altes Braunkohlekraftwerk im Ruhrgebiet länger am Netz bleiben durfte, aber es zeigt doch, was man bei DB Energie tatsächlich wollte: Nämlich möglichst weiter aus alten Anlagen den Strom beziehen. Dabei kann es nicht am Geld gelegen haben: Der Bahnstrom wurde in den letzten Jahren um durchschnittlich fünf Prozent im Jahr teurer, was deutlich höher ist als die Teuerungsrate für Strom insgesamt. Was ist mit diesem Geld passiert? Offensichtlich wurde es nicht genutzt, um selbst zu investieren oder um langfristige Rahmenlieferverträge abzuschließen.

Hier wurden Gewinne maximiert und Investitionen zurückgefahren. Gleichzeitig hat man ein äußerst fragwürdiges Preissystem, das die Beibehaltung veralteter, stromfressender Züge aus Bundesbahn-Beständen fördert und die Anschaffung energieeffizienter Triebzüge und Lokomotiven unattraktiver werden lässt, weil Energierückspeisung nicht ansatzweise so stark vergütet wird, wie es möglich ist. Wenn man sich diese Angelegenheit ernsthaft anguckt, dann sieht man Dinge, bei denen man die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Es steht außer Frage, dass zur Energiewende auch die Verkehrswende gehört. Aber die kommt nicht von teuren Werbespots.

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