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Der starke Wettbewerberverband muss her

14.03.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Was auch immer man von den Inhalten des VDV halten mag, so haben die öffentlichen Verkehrsunternehmen jedes Recht, sich zu organisieren. Deren Interessenverband stellt sich entsprechend auf: Man fordert Inhouse-Vergaben und eine möglichst weiche Auslegung der Regelungen zur Verkehrserbringung außerhalb der Inhouse-Vergabe, man lehnt direkte Vertragsverhältnisse zwischen Herstellern und Aufgabenträgern ab, um die Pfründe der Verkehrsunternehmen und vieles mehr. Dass der VDV auch für die Wettbewerbsbahnen spricht, jedoch im Kern nicht deren Interessen vertritt, ist das eine. Dass die Wettbewerbsbahnen da nahezu alle Mitglied sind, mag auch noch akzeptabel sein.

Tatsache ist aber, dass die Unternehmen, die ihre Existenz auf fairen Wettbewerb gründen und für die das vom VDV geforderte „neue Recht auf Direktvergaben“ von existentieller Bedrohung sein kann, eine weitere, eigene Interessenvertretung brauchen, um nicht im VDV nach dem Prinzip „Der Große frisst die kleinen“ unterzugehen. Nachdem der VDV in Sachen Trennung von Infrastruktur und Verkehr klar Stellung bezogen hat und in dieser Sache sogar aus der ERFA ausgetreten ist, ist es naheliegend, dass die ERFA sich nun anderweitig orientiert und ihre Zusammenarbeit mit den vorhandenen Verbänden auch in Deutschland ausbaut und weiterverfolgt. Es ist notwendig, sich politisch zu organisieren und seine Interessen zu vertreten und zwar ohne dass man in einem Verband sitzt, der zu einem nicht geringen Teil von der DB AG finanziert wird.

Der VDV hat allein schon deshalb eine hohe Affinität zur Marktabschottung, weil die allermeisten kommunalen Verkehrsbetriebe, die dort nach wie vor die große Mehrheit der Mitglieder stellen, nur in Monopolstrukturen bestehen können und auf dem Markt innerhalb kürzester Zeit untergehen würden. Wenn ein G6-Konzern fröhlich die Wettbewerberberichte von Mofair, Netzwerk und BAG SPNV verteilt, es aber kategorisch ablehnt, sich an der Verbandsfinanzierung zu beteiligen, dann zeigt das auch mangelnde politische Weitsicht. Die DB AG kann sich nach Belieben Politiker auf ihre Seite ziehen und wie man sieht, tut sie das auch regelmäßig. Da werden Direktvergaben akquiriert, Deals gemacht, dass dem sachkundigen Beobachter der Hut hochgeht, wie beim Elektronetz Nord in Sachsen-Anhalt oder der InterCity-Alimentierung in Niedersachsen (beides vorne und hinten vergaberechtswidrig, aber wen juckt das schon?) und die Wettbewerbsbahnen sitzen wie das Kaninchen vor der Schlange und begnügen sich mit ein paar Brosamen.

Aber das reicht auf Dauer nicht, denn wir brauchen in Deutschland vernünftigen Wettbewerb auf der Schiene. Dazu gehört auch eine unabhängige Infrastruktur, so wie ja auch die Straßen und Wasserstraßen nicht von einem Verkehrskonzern betrieben werden. Die Annahme, man könnte einen eigenen integrierten Konzern ernsthaft so regulieren, dass fairer Wettbewerb möglich sei, ist ein innerer Widerspruch wie Orwell´scher Doppeldenk. Deshalb ist es so wichtig, dass es einen starken Wettbewerberverband gibt, der dem VDV die Räume eng macht.

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