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Abellio ist der Gewinner des Winters

11.03.13 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Herbst letzten Jahres überschlugen sich auf der InnoTrans die Ankündigungen der Wettbewerbsbahnen, was sie für große Ziele in den nächsten Jahren haben. Exponentielles Wachstum, richtig Geld verdienen und dem Wettbewerb wieder Schwung geben. Dabei sahen die Realitäten ganz anders aus: In Nordrhein-Westfalen hatte DB Regio gerade zwei wichtige Ausschreibungen gewonnen und es hatte den Anschein, als würde DB Regio die Vormachtstellung festigen können. Wir sind Marktführer und über weite Strecken entscheiden wir, was wir fahren und wo wir den Wettbewerbern den Vortritt überlassen.

Ein halbes Jahr später lässt der Frühling sein diesmal schwarz-silbernes Band flattern und es steht außer Frage, wer der Gewinner des Winters ist: Abellio. Mit einem jährlichen Volumen von 15 Millionen Zugkilometern in Mitteldeutschland ist man ein richtig großer Big Player. Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen, denn die niederländische Staatseisenbahn hat in Deutschland ein langfristiges Interesse am Verkehrsmarkt und geht dort mit großer Ernsthaftigkeit vor. Es war zu erwarten, dass man sich nicht auf Dauer damit zufrieden geben würde, mit zwanzig Zügen von Essen nach Siegen und zurück zu fahren. Doch jetzt definiert sich die marktrelevante Stellung der Abellio GmbH nicht mehr über den Gesellschafter, sondern über das Unternehmen selbst.

Das bedeutet, dass man sich auch entsprechend als große Wettbewerbsbahn aufstellen muss, um nicht nur auf der Schiene, sondern auch politisch eine Rolle zu spielen. Das fängt an mit der Interessenvertretung. Was auch immer man von der Ausrichtung des VDV halten mag, aber Marktöffnung und Wettbewerb waren noch nie eine Kernkompetenz dieses Verbandes. Es braucht für die Wettbewerbsbahnen eine Alternative. Der Austritt aus Mofair mag nachvollziehbar sein, doch es muss auf der anderen Seite weitergehen: Wer vernünftige Wettbewerberberichte will und sich nicht auf das verlassen möchte, was die DB AG selbst publiziert, der muss sich politisch organisieren. Das gilt für Abellio ebenso wie für die anderen Wettbewerber. Einzig Keolis ist in einem Verband vertreten. Wer hier in Deutschland ernsthaft Wettbewerb will, der darf sich nicht von der Deutschen Bahn vorführen lassen, aber die Mechanismen im VDV laufen genau darauf hinaus.

Nächster Punkt: Die Deutsche Bahn ist einer der größten Ausbilder Deutschlands, dort investiert man viel Geld in den eigenen Nachwuchs. Das muss man auch bei Abellio machen und ein Azubi im Jahr reicht nicht aus. Abellio ist derzeit die einzige Wettbewerbsbahn Nordrhein-Westfalens, die ihre Triebfahrzeugführer nicht zumindest teilweise auf eigene Kosten ausbildet: Wer keine Fremdfinanzierung mitbringt, bleibt draußen. Ein Unternehmen, das seine Kosten nicht selbst decken kann, hat am Markt nichts verloren. Der Bildungsgutschein vom Arbeitsamt kann nur eine von vielen Säulen sein. Es gibt Aufgabenträger, die schreiben Ausbildungsquoten vor. Das ist genauso wichtig wie eine Tariftreueklausel bzw. ein Mindestlohn. Ein Big Player muss sich auch entsprechend verhalten: Abellio ist kein Start Up mehr.

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