VDV: Nutzerfinanzierung allein reicht nicht
25.02.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
VDV-Präsident Jürgen Fenske möchte den Staat von konsumtiven Ausgaben für den öffentlichen Verkehr gänzlich befreien. Das ist die vielleicht etwas untergegangene zentrale Aussage seiner Jahrespressekonferenz letzten Freitag in Berlin. Der Staat soll die Infrastruktur finanzieren und unterhalten, aber die reinen Betriebskosten sollen – soweit das möglich ist – vom Endkunden durch Fahrgelderträge bezahlt werden.
Das ist vielleicht etwas einfach, denn natürlich soll der Fahrstrom für Schienenfahrzeuge weiterhin von der EEG-Umlage ausgenommen werden, natürlich soll es weiterhin Ausgleichsgelder für die Schüler- und Schwerbeschädigtenbeförderung geben, aber die Tendenz ist klar: Das Geld soll vom Fahrgast kommen. Damit folgt die ÖV-Branche einem Trend, den es in Deutschland schon lange gibt: Raus aus dem Steuerstaat, rein in den Gebührenstaat. Ob man sich mit solchen Ankündigungen in der anstehenden Diskussion um die Neuberechnung der Regionalisierungsgelder gut aufstellt, sei an dieser Stelle einmal offen gelassen.
Denn auch wenn der Zuschussbedarf für öffentlichen Schienenverkehr naturgemäß wesentlich höher ist als beim Busverkehr ist, so ist die Forderung nach einer höheren Kundenfinanzierung immer auch ein (ungewolltes) Argument für eine Senkung der Regionalisierungsgelder. Dabei ist gerade das einer der zentralen Erfolge der Eisenbahnreform in Deutschland: Erstmals gibt es feste Vereinbarungen über eine Finanzierung konsumtiver Ausgaben des strukturell defizitären Nahverkehrsbetriebs. Diese hohe Errungenschaft darf nicht leichtfertig verspielt werden. Das gilt auch für den kommunalen Bereich: Ja, es gibt Leistungen, die man aus den Fahrgeldeinnahmen auskömmlich finanzieren kann, bei anderen ist das jedoch nicht der Fall.
Wenn man den ÖPNV als öffentliche Daseinsvorsorge begreift (und nicht als Selbstzweck zum Wohle der Leistungserbringer), dann muss sich das Angebot zuallererst nach dem Bedarf richten. Ein Bedarf ist aber auch da vorhanden, wo man finanziell nicht erträglich fahren kann. Der ÖPNV wird auf Dauer Subventionsempfänger bleiben und auch wenn das Wort für öffentliche Verkehrsmittel nicht gerade attraktiv klingt, aber diese Erkenntnis muss man sich klarmachen. Doch es geht dabei um mehr: Je geringer der öffentliche Finanzierungsbedarf, desto geringer ist auch der Einfluss der Aufgabenträger.
Wenn die öffentliche Hand einem kommunalen Verkehrsunternehmen die Schieneninfrastruktur hinstellt und ansonsten die Finanzierung über hohe Fahrgelder erfolgt, dann kann das Verkehrsunternehmen schalten und walten wie es will. Geld kürzen ist ja bei fortgesetzten Schlechtleistungen dann nicht mehr möglich und dass die Fahrgäste wegbleiben dürfte bei dem extrem schlechten Modal Split in vielen Regionen unwahrscheinlich sein: Da fahren sowieso nur die Leute, die drauf angewiesen sind. Überhaupt hat ein kommunaler Aufgabenträger bei einer vom VDV favorisierten Inhouse-Vergabe als Gesellschafter des Unternehmens viel zu wenig Handlungsoptionen. Auch wenn es dem VDV nicht gefällt, aber die Verkehrsunternehmen müssen kontrolliert und überwacht werden.