Die Aufgabenträger und das Netz
28.02.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Bereits seit Jahren veröffentlicht der VBB seine Netzzustandsanalysen und jedes mal wird deutlich, wie wichtig unabhängige Stellen sind, die die Qualität öffentlicher Verkehrsinfrastruktur überprüfen. Im Rahmen der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, von der Fachleute schon früh gewusst haben, dass sie ein zahnloser Tiger ist, reicht dem Bundesverkehrsminister im Prinzip eine Eigenerklärung der DB Netz AG aus, dass die Qualität nicht schlechter geworden ist. Wenn man genauer hinguckt und feststellt, dass Langsamfahrstellen in den Fahrplan eingearbeitet werden, so dass keine Verspätung mehr entsteht, dann weiß man relativ schnell, was die Stunde geschlagen hat.
Der Bund zahlt pauschal 2,5 Milliarden Euro aus dem Steueraufkommen für den Erhalt der Schienen im Land. Manche halten diese Summe für zu gering, andere für willkürlich aber Tatsache ist, dass es keinerlei wirksame Kontrolle über deren Einsatz gibt. Doch wer regelmäßig mit Bus und Bahn fährt – und die ÖV-Lobbyisten in Deutschland tun das nicht, weil sie im Regelfall Dienstwagen mit Fahrer haben – der erkennt die Probleme: Bahnhöfe verkommen, Anschlüsse platzen, weil Züge vor den Bahnhöfen mit Schrittgeschwindigkeit fahren und wenn mal irgendwo kleine Verbesserungen kommen, dann müssen sie zu hohem Anteil von der öffentlichen Hand finanziert werden.
Die Geldströme im DB-Konzern zwischen Netz und Verkehr, zwischen den Sparten, horizontal und vertikal, kann vermutlich selbst der beste Wirtschaftsprüfer nicht mehr nachvollziehen; von Verkehrspolitikern, die ihr Amt durch Partei- und Regionalproporz erhalten haben, sei an dieser Stelle einmal ganz zu schweigen. Gerade deswegen ist so wichtig, dass es Aufgabenträger gibt, in denen Leute mit hohem Sachverstand unabhängig von der politischen Großwetterlage darauf achten, dass alles seine Richtigkeit hat. Der VBB, dessen Geschäftsführer Hans-Werner Franz der Deutschen Bahn hier im Eisenbahnjournal Zughalt.de schon attestiert hat, sie haben sich im Zusammenhang mit der Berliner S-Bahnkrise wie eine Heuschrecke verhalten, ist bekannt für klare Worte aber auch für persönliche Integrität: Es muss festgestellt werden, in welchem Zustand sich die Schiene befindet, welche Verschlechterungen für die zahlenden Kunden vorhanden sind, und zwar ohne dass die DB AG die Ergebnisse auf ihre Art und Weise frisieren kann.
Deswegen sind Qualitätsberichte, wie der VBB sie erheben lässt, wichtig und sollten Vorbild für andere Aufgabenträger werden. Denn nicht der Kuschelkurs mit der Deutschen Bahn macht den guten SPNV, sondern der Aufgabenträger, der seinen Job ernst nimmt. Manche sind stolz, dass sie „Ruhe im Laden“ haben und empfinden die Reibungshitze, die entsteht, wenn sie über den Tisch gezogen werden, als Nestwärme. Doch Erfolg ist was anderes. Neben den Aufgabenträgern ist aber auch der Gesetzgeber gefordert: Es müssen klar definierte Rechte für den Aufgabenträger gegenüber dem Infrastrukturbetreiber her, die im Streitfall bis hin zum Recht auf Ersatzvornahme gehen müssen: Wer die Musik bezahlt, muss auch deren Qualität kontrollieren dürfen.