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Abellio auf Expansionskurs

11.02.13 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist fast auf den Tag genau zwei Jahre her: Am 8. Februar 2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass in Eisenbahnfragen das allgemeine Vergaberecht zur Anwendung kommen muss. Unter dem Namen Abellio-Urteil ist es in die deutsche Eisenbahngeschichte eingegangen, es war die wohl wichtigste Grundsatzentscheidung seit der Gründung der Deutschen Bahn AG 1994 und der Regionalisierung 1996. Abellio, eine Tochtergesellschaft der niederländischen Staatseisenbahn, hat sich gegen eine rechtswidrige Direktvergabe im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr an DB Regio gewehrt. Die rot-grüne Landesregierung tat alles, um das Urteil zu verhindern und wollte sogar das Allgemeine Eisenbahngesetz per Bundesratsinitiative ändern lassen, um den rechtswidrigen Vertrag dadurch nachträglich zu legitimieren – erfolglos.

Jetzt kann man lang und breit über die Frage sprechen, welche europapolitische Komponente es hat, wenn die niederländische Staatseisenbahn sich in Deutschland vor nationalen Stellen eine Wettbewerbspflicht erklagt. Tatsache ist aber, dass die Deutsche Bahn mit Arriva in den Niederlanden einen deutlich größeren Marktanteil hat als Abellio in Deutschland. Doch man ist auf dem besten Weg, das zu ändern: Dieser Tage hat man mit dem Elektronetz Saale-Thüringen-Südharz die Tür nach Mitteldeutschland weit aufgeschlagen, der Weg für die Teilnahme an weiteren Wettbewerbsverfahren steht frei und durch dann bestehende Werkstätten lässt sich dort relativ einfach expandieren.

Dass die Konzernbeteiligung Westfalenbahn in Niedersachsen jüngst ebenfalls eine große Elektroausschreibung gewonnen hat zeigt, dass man auch dort auf dem richtigen Weg ist. Nachhaltiges Unternehmenswachstum gepaart mit seriöser Finanzierung machen den langfristigen Erfolg in dieser Branche aus. Es lassen sich keine Traumrenditen erzielen, aber es ist ein sicheres Geschäft in dem sich dann Geld verdienen lässt, wenn man es nicht überhitzt so wie es in der Gründungszeit unter der Ägide der EVAG passiert ist. Doch mit Bernard Kemper steht jetzt der richtige Mann am Ruder: Grundlegende Sanierung von Problemkindern im Abellio-Konzern und sorgfältiges Aussuchen bei der Frage, an welchen Ausschreibungen man sich beteiligt. So hat man vor einigen Jahren die Angebotserstellung für das Kölner Dieselnetz abgebrochen, weil der Aufgabenträger zu viele Fragen offen ließ und zu viele Risiken an das Eisenbahnverkehrsunternehmen abwälzen wollte.

Jüngst sagte ein hochrangiger Vertreter eines Aufgabenträgers im informellen Kreis „Abellio fährt wie im Nettovertrag“. Das war als großes Lob gemeint, denn nirgendwo in Nordrhein-Westfalen ist die Kundenzufriedenheit so groß wie bei den silbernen Zügen. Während Schlechtleistungen und Zugausfälle längst kein Spezialgebiet der Deutschen Bahn mehr sind, fährt Abellio zuverlässig von A nach B. Jetzt ist spannend zu beobachten, ob man das als deutlich größeres Unternehmen noch immer tun wird, auch wenn man nicht mehr eins, sondern zwei voneinander unabhängige Eisenbahnverkehrsunternehmen hat, die als Abellio fahren. Aber alle bisherigen Erfahrungen zeigen: Abellio wird es schaffen!

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