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Lokomotivführer ist Mangelberuf Nummer Eins

16.01.13 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Bundesagentur für Arbeit sieht den Lokomotivführer auf Platz Eins der Mangelberufe in Deutschland. Nach Angaben der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) fehlen bundesweit rund 1.000 Lokomotivführerinnen und Lokomotivführer. Eine Zahl, die Insidern zufolge jedoch noch nach oben korrigiert werden muss. Das gilt sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr, bei der DB AG ebenso wie bei ihren intramodalen Wettbewerbern. „Wir fordern die Eisenbahnverkehrsunternehmen schon seit Jahren mit Nachdruck auf, deutlich mehr auszubilden, doch es tut sich viel zu wenig“, so Alexander Kirchner, Bundesvorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

Im Durchschnitt braucht ein Unternehmen 80 Tage, um eine offene Facharbeiterstelle zu besetzen. Um einen Lokomotivführer zu suchen, braucht ein Eisenbahnverkehrsunternehmen im Schnitt jedoch 184 Tage. Bei vielen anderen Eisenbahn-affinen Berufen ist die Situation ähnlich. Ein zumindest in Teilen hausgemachtes Problem. Während die Deutsche Bahn AG einer der größten Ausbilder Deutschlands ist, gilt der Bildungsgutschein durch die Arbeitsagentur oder das JobCenter noch immer als Voraussetzung, um bei vielen Wettbewerbsbahnen eine Ausbildung zum Lokomotivführer zu bekommen.

Nur selten geben die Aufgabenträger im SPNV Ausbildungsquoten vor, wie viele Lehrgänge ein Eisenbahnverkehrsunternehmen anbieten muss, um den Personalbestand nachhaltig zu sichern. Für viele potentielle Quereinsteiger, die in anderen Berufen sind und daher nicht als Erwerbslose förderfähig sind, bleibt der Zugang auf die Lok daher verwehrt. Die sinkenden Aufwendungen des Bundes für die Förderung Erwerbsloser dramatisiert die Situation zusätzlich – viele Menschen müssen im Leistungsbezug bleiben, weil kein Geld da ist, ihnen Bildungsgutscheine auszuhändigen, so absurd es klingen mag.

Das thematisiert die EVG jedoch nicht – statt dessen kritisiert man indirekt die GDL. Kirchner: „Wer mindestens einen Abschluss der mittleren Reife als Zugangsvoraussetzung fordert, schließt eine Vielzahl an qualifizieren Bewerbern aus.“ Die GDL forderte während der Auseinandersetzung um die Einführung des Rahmentarifvertrages für Lokomotivführer im Jahr 2011 mindestens die mittlere Reife. Es sollte allerdings fester Bestandteil der Ausbildung werden, diesen Abschluss nachzuholen, sofern er beim Beginn der Ausbildung noch nicht vorhanden ist, so dass der Zugang niemandem verwehrt geblieben wäre, der „nur“ einen Hauptschulabschluss hat.

Kirchner lobt ausdrücklich den jüngst eingerichteten „Runden Tisch“ zum Eisenbahnermangel in Bayern. Aus diesem heraus sei bereits eine Internetplattform entwickelt worden. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen müssen stärker für die Attraktivität ihrer Berufe werben. In anderen Ländern, so beispielsweise Nordrhein-Westfalen, wird die Einführung eines solchen Runden Tisches zwar immer wieder gefordert, jedoch nicht umgesetzt. Darüber hinaus kündigt die EVG an, sich auch weiterhin für eine angemessene Bezahlung einzusetzen, ebenso wie für eine gute Ausbildung und vernünftige Arbeitszeiten – soweit das bei der Eisenbahn möglich ist. Der Lokomotivführer wird immer nahezu rund um die Uhr im Einsatz sein müssen, denn eine Eisenbahn, die nur von montags bis freitags zwischen 8 und 16 Uhr fährt gibt es nicht; dafür aber langfristig planbare und familientaugliche Dienstzeiten.

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