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Eisenbahn: Spannender und aufregender als je zuvor

14.01.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die heutige Zeit ist wahrscheinlich spannender und von mehr Veränderungen geprägt als die Eisenbahnreform vor zwanzig Jahren selbst. Nicht nur dass die Europäische Kommission sich auf dem Weg zum einheitlichen Eisenbahnraum und Eisenbahnmarkt für eine restriktive Regulierung und gegen die Möglichkeit von integrierten Modellen, Direktvergaben und andere Formen der Marktabschottung ausspricht, die laufenden Transformationen werden dafür sorgen, dass die Eisenbahn in Deutschland in zehn Jahren etwas anderes ist als heute.

Dabei stellen sich ganz fundamentale Fragen. Was ist eigentlich ein Eisenbahnverkehrsunternehmen und was wird es in Zukunft sein? Die Machtverhältnisse verschieben sich zugunsten der Aufgabenträger und auch die Hersteller, die in den After-Sales-Markt drängen, werden künftig stärker eingebunden. Wenn man sich vor Augen hält, dass die Eisenbahn der öffentlichen Daseinsvorsorge dient, dann ist das auch richtig so. In den letzten Jahren gab es mehrfach die Situation, dass ein Eisenbahnverkehrsunternehmen erkennbar außer Stande war, die Verkehrsverträge zu erfüllen.

Bislang stand der Aufgabenträger dem dann machtlos gegenüber, ob bei der S-Bahn Berlin, den unhygienischen Zuständen in den Zügen von DB Regio NRW oder den Ausfällen bei einigen Wettbewerbsbahnen ebenfalls in Nordrhein-Westfalen. Das ist künftig anders: Wenn der Hersteller für die Wartung verantwortlich ist und die Züge sich entweder im Eigentum des Aufgabenträgers oder eines Privatinvestors, der ein direkter Vertragspartner des Aufgabenträgers ist befinden, dann kann man im Zweifel relativ kurzfristig Verkehrsverträge kündigen. Die Abhängigkeit wird geringer.

Im Interesse der Fahrgäste kann man das nur begrüßen. Und die Fahrgäste stehen im Mittelpunkt der Gesamtveranstaltung. Der alte ÖPNV wurde genutzt von Witwen ohne Führerschein, Schülern und Sozialhilfeempfängern, kurzum, von Menschen, denen aus welchen Gründen auch immer kein Auto zur Verfügung stand. Die Deutsche Bundesbahn war ein stilllegungswütiger Moloch. In Deutschland haben seit 1945 2,6 Millionen Menschen in Städten und Gemeinden mit über 15.000 Einwohnern ihren SPNV-Anschluss verloren. Diesen Schaden zu beheben wird noch Generationen dauern, aber es muss sein.

Deutschland steht vor der Energiewende und dazu gehört auch eine umfassende Verkehrswende. Neben Elektromobilität, Carsharing und vielen anderen Dingen gehört dazu auch eine gestärkte Eisenbahn. Die Eisenbahn der Zukunft muss sich im Wettbewerb der Verkehrsträger deutlich besser aufstellen als bislang. Hier geht es um Service, Attraktivität und Mobilitätsketten vom ICE bis zum Erschließungsbus.

Mobilitätsketten müssen auch sonntags um 7 Uhr morgens und mittwochs um 23 Uhr funktionieren, um Umsteiger langfristig zu gewinnen. Vom Schichtbus zur Taktverkehr. Man muss der ständigen Verfügbarkeit des Autos etwas entgegensetzen. Potential ist da, denn Studien besagen, dass die nach 1980 geborenen Menschen besonders leicht für den ÖPNV zu begeistern sind. Der Grund: Die kennen die Bundesbahn nicht mehr.

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