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Pro Bahn vor der Spaltung?

01.12.12 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Schon seit einigen Jahren wissen es Branchenkenner, doch in der Zwischenzeit wird das Problem auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich: Dem Fahrgastverband Pro Bahn droht die Spaltung. In der mittleren Führungsebene des Verbandes haben sich zwei unversöhnliche Lager gebildet: Auf der einen Seite die Landesverbände Berlin/Brandenburg und Rheinland-Pfalz/Saarland sowie Teile des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, auf der anderen Seite das Lager um Karl-Peter Naumann, Rainer Engel und Matthias Oomen und die Landesverbände Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg.
 
Inhaltlich geht es dabei um die Frage, ob der Verband die wettbewerbsfreundliche politischen Ausrichtung beibehalten soll oder ob sich der Verband gar dem ultralinken Zirkel „Bahn für Alle“ anschließt und einen Kurswechsel einleitet. Bislang ging es nur intern ziemlich rau zu, aber seit die Sueddeutsche Zeitung über der Finanzierung einer Stelle für Karl-Peter Naumann durch die DB berichtete, bekriegt man sich nun auch öffentlich.
 
Höhepunkt ist nun ein offener Brief des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, der unverblümt auf dessen Internetseite zu lesen ist. Darin ist von „Sorgen, Ängste und Nöten“ um die „Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit“ des Verbandes die Rede. Ob das Projekt für Karl-Peter Naumann nun umgesetzt werden kann, steht in den Sternen. Auch die Personalie des Bundesvorsitzenden Jörg Bruchertseifer selbst steht hinter vorgehaltener Hand zur Debatte. Erst im März diesen Jahres folgte Bruchertseifer seinem Vorgänger Naumann im Amt und trat an, um den Verband wieder zu vereinen. Mit Heiner Monheim wurde zudem ein Radikalkritiker der Eisenbahnreform in den Bundesvorstand gewählt, was zur Einigkeit beitragen sollte.
 
Doch acht Monate später steht der Verband vor der Spaltung und immer öfter ist zu hören, dass Bruchertseifers Absichten schon jetzt gescheitert seien. „Das ist blanker Unsinn! Niemand stellt bei Pro Bahn die Machtfrage. Jörg Bruchertseifer wurde mit großer Mehrheit gewählt und legt sehr viel Wert auf fairen innerverbandlichen Umgang. Das wird anerkannt, auch wenn das Verbandsschiff derzeit erkennbar Schlagseite hat“, reagierte Bundespressesprecher Matthias Oomen am Freitagabend sehr barsch auf Nachfrage des Eisenbahnjournales Zughalt.de. Der gewählte Ton lässt auf große Anspannung schließen.
 
Wie es mit Pro Bahn nun weitergeht ist ungewiss. Neben der drohenden Spaltung gibt es auch die Option vorzeitig Vorstandsneuwahlen. Schlimmstenfalls bekriegt sich der Verband weiterhin öffentlich und droht in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.

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