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Ja zu Fernbussen – freie Fahrt für freie Kunden

05.11.12 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Entscheidung, Fernbusse zuzulassen, ist richtig. Es gibt keinen Grund, die Eisenbahn über Gebühr zu schützen. Die Schiene steht im Wettbewerb: Das gilt sowohl für den Wettbewerb zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen als auch für den Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern. Die Stellung der Eisenbahn im Wettbewerb der Verkehrsträger darf sich nicht über Verbote für andere Angebote definieren, sondern muss für alle fair ausgestaltet werden. Das bedeutet natürlich auch, dass Kostengerechtigkeit hergestellt werden muss. Busse zahlen Kfz-Steuer, Züge zahlen Trassengebühren, möglicherweise muss da politisch noch etwas geändert werden.

Doch welchen Grund es gibt, Fernbusse zu verbieten, nur um der Schiene damit zu nutzen, erschließt sich einfach nicht. Ja, es stimmt: Es gibt bei der DB AG Fernverkehrsrelationen, die heute gerade so gewinnbringend sind. Der Fernverkehr ist und bleibt das Sorgenkind im Personenverkehr des Konzerns. Doch wer davor warnt, dass Fernbusse dem SPFV das Wasser abgraben könnten, der hat die Entwicklungen seit der Jahrtausendwende verschlafen oder nicht verstanden: Es war die DB AG selbst, die dafür gesorgt hat, dass der Fernverkehr ein einziges Streichkonzert wurde. Es blieb eben nicht bei der Abschaffung des InterRegio, sondern auch der InterCity musste auf zahlreichen Strecken dran glauben. Wenn in einigen Jahren die nächste Generation Rollmaterial kommt, das die DB AG vollständig selbst refinanzieren muss, dürften die bösen erneut Überraschungen anstehen – ob mit oder ohne Fernbus.

Der Fernbus kommt ohne öffentliche Subventionen aus – wenn man anfängt nachzurechnen, was die Eisenbahn den Steuerzahler kostet, kommen selbst hartgesottene Schienenlobbyisten ins Schwitzen. Es geht einzig und allein darum, dass private Investoren ihr privates Geld in ein Geschäft investieren – auf eigenes Risiko. Und das vielfach auf Relationen zwischen Oberzentren, auf denen die Eisenbahn den Menschen im Land faktisch überhaupt kein Angebot macht. So dauert eine Bahnfahrt zwischen Siegen und Chemnitz mal eben acht Stunden – mit dem Auto braucht man nur die halbe Zeit, wenn man jetzt den Vor- und Nachlauf einrechnet, dann treibt es selbst dem letzten Pufferküsser die Tränen in die Augen. Natürlich wären Busse hier eine gute Alternative zum Auto – die Eisenbahn ist es nicht.

Selbstverständlich spielt dabei die Tatsache ein Rolle, dass viele Oberzentren in Deutschland seit der Eisenbahnreform ihren SPFV-Anschluss verloren haben. Das wiederum hat etwas damit zu tun, dass die Bundesregierung sich auf den Standpunkt stellt, es gäbe per definitionem überall da kein Verkehrsbedürfnis, wo die DB AG nicht bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren. Das ist zwar grober Unfug, aber was soll man machen? Vielleicht zeigt ein Landesverkehrsminister mal Courage und versucht, den Bund vor dem Bundesverfassungsgericht an seine grundgesetzlichen Pflichten zu erinnern. Bis dahin aber gilt: Freie Fahrt für freie Kunden – Allzeit Hp1 für Fernbuslinien!

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