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VRR: Husmann weist EVG-Kritik zurück

18.10.12 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

VRR-Chef Martin Husmann weist die Kritik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Lebenszyklusmodell entschieden zurück. In der vergangenen Woche hat EVG-Funktionär Karl- Heinz Zimmermann sich schriftlich an Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) gewandt, mit der Bitte, den politischen Einfluss geltend zu machen, damit das VRR-Vorhaben doch noch abgesagt werden könne.

„Hier werden mehrere Dinge miteinander vermengt – das ist nicht zielführend“ so Husmann. „Grundgedanke ist, dass die Landesregierung mit dem Rhein-Ruhr-Express ein Premiumprodukt auf die Schiene stellen möchte, das qualitativ zwischen Regional- und Fernverkehr angesiedelt ist. Wir müssen zum Betriebsstart im Dezember 2016 die vier RELinien RE 1, RE 5, RE 6 und RE 11 ausschreiben und brauchen dafür einheitliches Rollmaterial. Das hat auch damit zu tun, dass mögliche Linienäste später getauscht werden. Wegen der Mittelstandsklausel im deutschen Vergaberecht ist eine Losbildung für uns obligatorisch, so dass es gar keine andere Möglichkeit als den Aufbau des RRX-Fuhrparks gibt.“

Bislang ist es in Deutschland allerdings die Regel, dass das Eisenbahnverkehrsunternehmen Züge mitbringt und für deren Wartung zuständig ist. Davon will man im VRR für die Premiumlinien abkommen. Martin Husmann: „Mit dem Lebenszyklusmodell wollen wir für die RRX-Linien nachhaltig gefertigte Züge mit dauerhafter Qualität. Wer nicht nur für 3 oder 5 Jahre im Rahmen der Gewährleistung für seine Qualität einstehen muss, sondern auch für 30 Jahre die Instandhaltung/Wartung kalkulieren muss, wird qualitativ bessere Züge produzieren, um nicht ins Defizit zu laufen. Aber: wie beim VRR-Fahrzeugfinanzierungsmodell macht der VRR nur das, was er am besten kann, finanzieren. Die sonstige unternehmerische Verantwortung liegt nach wie vor bei den Unternehmen. Wir haben beim Lebenszyklusmodell lediglich die unternehmerische Verantwortung für Instandhaltung und Wartung von den EVU auf die Industrie verlagert. Außerdem möchten wir, dass die hohe Kreditwürdigkeit der öffentlichen Hand allen Marktspielern zur Verfügung steht. In der jetzigen Situation profitiert allein DB Regio als staatseigener Konzern, der sich im Zweifel aus Netz-Monopolgewinnen beliebig refinanzieren kann. Um eine Gleichheit zu schaffen, die wiederum gewährleistet, dass wir bei unseren Vergaben wirtschaftlich handeln können, werden wir die Züge finanzieren. Dieses Modell wurde erst jüngst vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) gelobt. Dieser rief sogar dazu auf, die Fahrzeugbeschaffung bundesweit so durchzuführen wie wir es tun.“

Interessant ist dabei aber folgendes: Wenn die Werkstattmitarbeiter Angestellte eines Eisenbahnverkehrsunternehmens sind, dann kommt der Branchentarifvertrag für den Schienenpersonennahverkehr zur Anwendung. Nicht so wenn sie Angestellte der Fahrzeugindustrie sind. Die Bezahlung erfolgt dann nach einem Tarifvertrag mit der IG-Metall. Die Leute verdienen dann zwar mehr, unterstehen jedoch nicht mehr der Tarifhoheit der EVG. Ob das auch eine Motivation für die Kritik sein könnte, wollte Husmann nicht kommentieren.

Statt dessen verweist er darauf, dass die Hersteller die Möglichkeit haben, einen Wartungsvertrag mit einem Eisenbahnverkehrsunternehmen abzuschließen. „Die Wartung kann delegiert werden, das Eisenbahnverkehrsunternehmen würde dann als Subunternehmer des Herstellers auftreten. So hat Heinrich Brüggemann, Vorsitzender der Geschäftsführung bei DB Regio NRW, im Eisenbahnjournal Zughalt.de am 18. Mai öffentlich Interesse bekundet, die Züge in den Werkstätten seines Unternehmens zu warten und auch zu reinigen – und zwar unabhängig davon, ob die DB oder eine Wettbewerbsbahn die Züge betreibt.“

In jedem Fall steht jetzt bereits fest, dass die Hersteller, die bislang nach drei bis fünf Jahren Garantie nichts mehr mit ihren Zügen zu schaffen hatten, länger in der Verantwortung bleiben. Husmann: „Indem wir die Züge selbst finanzieren und eigene Verträge mit der Waggonbauindustrie eingehen, sparen wir für die Gemeinschaft der Steuerzahler auf Jahrzehnte gesehen viel Geld. Wir sind deshalb zufrieden mit unserem Lebenszyklusmodell und freuen uns darauf, es künftig anzuwenden.“

Bild: Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR

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