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Chancen nutzen – Öffis stärken

01.10.12 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Zwanzig Jahre gibt es jetzt die BahnCard – und nicht ohne Stolz verkündet die DB AG, welch großer Erfolg sie ist. Da kann man auch nur gratulieren, denn in einer Zeit, in der Rabatte zur Kundenbindung noch fast gänzlich unbekannt waren, hat man bei der Bahn allen Unkenrufen zum Trotz etwas auf die Beine gestellt, das dem Verkehrsträger Schiene großen Nutzen gebracht hat. Und doch – der Weg ist noch lange nicht vorbei.

Es mag abgedroschen klingen, wenn man die komplizierten Preisverhältnisse im Fernverkehr kritisiert; aber Transparenz täte in jedem Fall gut. Man hat sich dafür entschieden, dass es neben dem relativ teuren Normalpreis auch Sonderangebote gibt. Wer früh bucht und sich an einen Zug bindet, zahlt weniger als derjenige, der kurzentschlossen zum Bahnhof kommt. Längst sind Hartmut Mehdorns Bodenhansa-Träumereien zumindest in Fahrpreisfragen Eisenbahn-Realität geworden.

Daran wird sich auch nichts mehr ändern – zu beliebt sind Angebote wie Dauerspezial, Ländertickets, Quer durchs Land, Schönes Wochenende und andere. Doch welche Angebote lassen sich mit der BahnCard kombinieren und welche nicht? Da wird die Sache schon komplizierter. Auf einen Spezialpreis kriegt man mit einer BahnCard 25 Rabatt – mit einer BahnCard 50 aber nicht. Wer im Verbundtarif fährt, kriegt natürlich keine Rabatte, wohl aber der, der im Vor- und Nachlauf Stadtbusse nutzt, dessen Regionalzugrelation aber nicht mehr durch Verbundfahrscheine abdeckbar sind.

Das alles sind Schwierigkeiten, die für den Autofahrer die Zugangshemmnisse erhöhen. Viele Kunden werden ungewollt zu Graufahrern, in manchen Fällen sogar, weil das Verkaufspersonal selbst keine ausreichenden Kenntnisse hat. Was vielleicht gar nicht weiter verwunderlich ist, wenn man das Ticket an der Tankstelle, Lottobude oder Trinkhalle kauft. Gilt für die Fahrt von Düsseldorf nach Bonn jetzt der VRS- oder der NRW-Tarif? Was ist, wenn man von Trier nach Duisburg muss, dort dann aber noch acht Stationen mit dem Bus fährt? Transparente Regelungen könnten mit großer Sicherheit neue Kundenpotentiale erschließen.

Um die öffentlichen Verkehrsmittel zukunftsfähig zu machen, braucht es zudem die Einbindung in Carsharing oder Fahrradverleihsysteme. Auch hier gehen sowohl die DB AG als auch zahlreiche Verbünde bereits gute Wege. Deshalb gilt es, diese in die Verkehrsverbünde zu integrieren, sie über die Bahncard abrechnen zu lassen und Modelle zu entwickeln, die es möglichst einfach machen, integrierte Mobilitätsketten zu nutzen. Zuführungssysteme
definieren sich im 21. Jahrhundert längst nicht mehr nur über Busse oder Park-and-Ride- Anlagen, sondern sind vielschichtiger. Man muss die Menschen abholen, wo sie sind – und dafür gibt es weit mehr Möglichkeiten, als man es sich heute gemeinhin vorstellen mag.

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