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Bus und Bahn: Zu teuer und unattraktiv

13.09.12 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Vor einigen Jahren sagte mal jemand stolz, Bus und Bahn seien weg vom Arme-Leute-Verkehrsmittel. Das stimmt. In den letzten zehn Jahren sind die Preise für Bus und Bahn deutlich stärker gestiegen als fürs Autofahren, trotz der explodierenden Kraftstoffkosten ist Autofahren im Vergleich zu 2002 im Jahr 2012 wirtschaftlicher als die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Vom höheren Komfort, besserer Zuverlässigkeit und der kürzeren Fahrzeit ganz zu schweigen.

Das dürfte eine Erklärung für den seit Jahrzehnten konstanten Modal Split sein, über den die versammelte ÖPNV-Lobby so gerne schweigt. Zu peinlich ist die Tatsache, dass die Stellung von Bus und Bahn im Wettbewerb der Verkehrsträger nicht verbessert werden konnte. Und wenn man ein wenig tiefer hineinblickt, dann erklären sich die vermeintlichen „Erfolge“ auch relativ schnell.

So sagte VDV-Präsident Jürgen Fenske im April voller Stolz: „Mit einem aktuellen Kostendeckungsgrad von durchschnittlich 77 Prozent setzen wir international einen herausragend positiven Benchmark.“ Was er nicht sagt: Diesen deutlich gesteigerten Kostendeckungsgrad haben die Fahrgäste bezahlt. Es ist üblich, dass die Fahrpreise jedes Jahr um das zwei- bis dreifache des Inflationswertes erhöht werden – vor diesem Hintergrund wirken die hohen Preise an der Zapfsäule gar nicht so schlimm.

Natürlich muss man fair bleiben: Die öffentlichen Verkehrsbetriebe, ob zahlreiche Stadtwerke oder die DB AG, haben seit der Jahrtausendwende sehr erfolgreiche Sanierungsprogramme gefahren. Aber man kann es drehen und wenden wie man möchte: Auch die Fahrgäste wurden zur Kasse gebeten.

Und da muss man sich die Frage stellen, wie Bus und Bahn künftig finanziert werden sollen. Welchen Anteil erbringen Bund, Länder und Gemeinden aus ihrem Steueraufkommen und welchen Anteil erbringen die Fahrgäste? Wie hoch soll der Kostendeckungsgrad noch steigen und wann ist der Punkt gekommen, an dem man höhere Fahrpreise nicht mehr zur Kompensation gesunkener Zuschüsse, sondern zur Angebotsverbesserung nehmen kann?

Neben den nominalen Zuschüssen stellt sich auch die Frage nach dem realen Budget. Es ist unbestritten, dass gerade im SPNV die Infrastrukturkosten immer weiter steigen. Derzeit geht ungefähr die Hälfte der Regionalisierungsgelder dafür drauf, im Jahr 2020 werden es ceteris paribus etwa achtzig Prozent sein. Hier muss eine Kostenbremse her, denn es kann nicht sein, dass die regelmäßig wiederkehrenden saftigen Preissteigerungen ausschließlich dazu genutzt werden, diese Verteuerungen abzufedern.

Doch dazu muss man tief einsteigen in die Debatte: Man muss über Kostengerechtigkeit zwischen Personen- und Güterverkehr sprechen, man muss sich Gedanken über die Frage machen, welche Anreize die Verkehrspolitik zur Steuerung setzen kann und setzen sollte. Darüber hinaus geht es um die Frage, wie die Verkehrswende auch im Individualverkehr aussehen soll: Elektroautos, Hybridantrieb und vieles mehr sind längst Realität. Denn auch wenn es viele Eisenbahnfreunde hoffen: Das „Problem“ Auto löst sich nicht von selbst, wenn das Öl alle ist. Ganz nebenbei: Über die Energieträger des Bahnstroms müsste man auch nochmal sprechen.

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