Keine Mitnahme von Pedelecs in Bussen und Bahnen?
11.08.12 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen) Autor:Jürgen Eikelberg
Gegen die geplante Änderung der Fahrradmitnahme in Bussen und Bahnen in NRW regt sich Widerstand. So sollen ab 1. Januar 2013 Tandems und dreirädrige Fahrräder nicht mehr im öffentlichen Nahverkehr mitgenommen werden. Zur Begründung werden Platzprobleme und Konflikte mit anderen Fahrgästen und Kontrolleuren angeführt. E-Bikes, zu denen auch Pedelecs zählen, darf man nach den geltenden Bestimmungen schon heute nicht im ÖPNV mitnehmen, da sie über einen „Hilfsmotor“ verfügen. Das man eine Mofa (Motorfahrrad mit Verbrennungsmotor) nicht in Bussen und Bahnen transportieren darf, leuchtet jedem ein. Schließlich ist es ein Kraftfahrzeug, dass schon allein wegen der Brandgefahr dort nichts zu suchen hat.
Über Tandems könnte man – wegen des höheren Platzverbrauches – noch diskutieren, aber was e-Bikes, zu denen auch die Pedelecs gezählt werden, angeht, muss man differenzieren. Ein Pedelec ist ein ganz normales Fahrrad, bei dem ein Elektromotor die Tretkraft des Fahrers bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Km/h unterstützt. Ohne des der Fahrer in die Pedale tritt, fährt ein Pedelec also nicht. Sie sind auch in der Regel nicht sperriger, als andere Fahrräder auch. Der Akku ist auf dem Gepäckträger untergebracht und der Motor befindet sich je nach Bauart in der Vorderrad- oder Hinterradnabe. Lediglich Modelle mit einem Mittelmotor sind zehn Zentimeter länger. Pedelecs gelten in Deutschland rechtlich als Fahrräder. Die Motorleistung ist auf 0,25 Kw/h begrenzt. Für Pedelecs mit einer tretunabhängigen Anfahrhilfe bis 6 Km/h ist eine Mofa-Prüfbescheinigung erforderlich. Sei gelten dennoch als Fahrräder.
Bei so genannte S-Pedelecs wird die Tretunterstützung nicht bei 25 Km/h abschaltet. Sie sind versicherungspflichtig und gelten als „Kleinkrafträder mit geringer Leistung“. Für sie ist mindestens ein Mofa-Führerschein erforderlich. Auch sie sind von den Abmessungen aber nicht größer als ein Fahrrad.
Fahrräder mit unabhängigem Antrieb (E-Bike im weiteren Sinne) und meist Beschleunigung per Handgriff fallen in Deutschland bis 45 km/h unter den gesetzlichen Begriff des Kleinkraftrades. Erreichen sie jedoch mit einem auf 500 W Leistung begrenzten Motor eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 20 km/h, gelten sie im Sinne der deutschen StVZO als Leichtmofa und bedingen bis zu dieser Geschwindigkeit weder einen Motorrad- noch einen Fahrradhelm. Eine Betriebserlaubnis und ein Versicherungskennzeichen sind jedoch erforderlich. Auch sie unterscheiden sich von der Bauart und den Abmessungen nicht von gewöhnlichen Fahrrädern.
Die unterschiedliche Einstufung in der Straßenverkehrsordnung beruht einzig auf der maximalen Geschwindigkeit, bis zu der ein Elektromotor die Pedalbewegungen des Fahrers unterstützt oder autonom des Rad antreibt. Dabei kann ein sportlicher Radfahrer mit einem normalen Treckingrad jedes Pedelec und jedes Leichtmofa spielend abhängen.
Eine andere Bauart sind die E-Roller, um die es hier aber nicht geht. Diese haben grundsätzlich keine Pedale und der Unterschied zum gewöhnlichen Roller besteht lediglich in der Antriebsart.
Jahrelang haben Bahn und Verkehrsverbünde mit der Fahrradmitnahme geworben. Das die Mitnahme von Pedelecs ausgeschlossen ist, haben die wenigsten Besitzer überhaupt mitbekommen.
Viele, vor allem ältere Menschen haben sich ein Pedelec gekauft, damit sich bequemer Fahrrad fahren können. Und die Zahl wird weiter steigen. Allein 2011 sind in NRW 90.000 Pedelecs verkauft worden, für 2012 erwartet man 120.000 verkaufte Räder mit Tretunterstützung. Es kann nicht sein, dass diese Menschen von Fahrradausflügen ausgeschlossen werden, nur weil sie ein Fahrrad mit Tretunterstützung haben.
Die Akkuleistung von e-Bikes (und Pedelecs) ist begrenzt – je nach Unterstützungsgrad 30 – 60 Kilometer. Wer z. B. aus Essen kommend im Münsterland eine Radtour machen will, ist als Besitzer eines e-Bikes darauf angewiesen, sein Gefährt auf den Fahrradgepäckträger seines Autos zu packen und über die Autobahn ins Münsterland zu fahren.
Zumindest hat die öffentliche Diskussion dafür gesorgt, dass das Kompetenzcenter Marketing NRW (KCM) vorgeschlagen hat, das die Mitnahme nicht versicherungspflichtiger Pedelecs in Bussen und Bahnen künftig erlaubt werden sollte. Dies ist aber auf Grund der Bauart versicherungspflichtiger e-Bikes nicht nachvollziehbar. Aus sie sollten in Bussen und Bahnen befördert werden dürfen, denn sie nehmen nicht mehr Platz ein, als ein herkömmliches Fahrrad.
Sollten Platzprobleme der Grund für die Einschränkung sein, muss man die Kapazitäten erhöhen, ohne gleichzeitig den Platz für sonstige Fahrgäste zu schmälern. Oder man führt eine Reservierungspflicht für Fahrräder ein, wie sie bei einigen Bahngesellschaften bereits existiert. Dann gibt es auch keine Problem mit Tandems und Dreirädern.
Bild: 2can (Lizenz: CC BY-SA 2.5)