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Elektrifizierungsoffensive – aber wer zahlt?

13.08.12 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Nach dem Kommentar vom vergangenen Montag kam es fast wie auf Bestellung: Die Forderung der Allianz pro Schiene nach einer Elektrifizierungsoffensive. Finanzieren soll die natürlich der Bund – wer sonst? Wenn sich die Bahnlobby auch in allen anderen Fragen nicht auf gemeinsame Positionen einigen kann, dass der Bund zahlen soll ist unbestritten. Wie viel es kosten darf? Egal! Hauptsache mehr Geld!

Der Bund zahlt bereits, in diesem Jahr sind es über sieben Milliarden Euro an Regionalisierungsgeldern. Damit sind auch Investitionen in regionale Infrastrukturen abgegolten. Für die meisten Strecken dürfte das ohne Wenn und Aber zutreffen: In fast allen Fällen ist es der SPNV, der die wirtschaftliche Existenz der Eisenbahnverbindung sichert. Und aus den Regionalisierungsgeldern müssen eben auch Infrastrukturinvestitionen bezahlt werden. Wieso die Allianz pro Schiene hier den Bund in die Pflicht nimmt, lässt man – trotz eines umfangreichen Frage-Antwort-Kataloges – leider offen.

Die Länder können die Regionalisierungsgelder, im Rahmen der Zweckbindung, einsetzen, wie sie möchten. Wenn sich eine Landesregierung dazu entscheidet, landesweit weniger zu investieren und dafür eine einzige Zugverbindung zusätzlich zu bestellen, dann müssen das alle Beteiligten akzeptieren. Der Ruf nach dem Bund, jetzt zusätzlich zu zahlen, ist aber unstatthaft.

Wer eine Erhöhung der Regionalisierungsgelder will, der muss zuerst die Länder selbst in die Pflicht nehmen. Im Jahr 2007 gab es eine Senkung und gleichzeitig eine Überkompensation durch die Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuererhöhung. Der Bund zahlt mehr Geld an die Länder, dieser dürfen damit aber machen, was sie möchten. Mehr Geld für die Schiene muss daher zuerst aus den Länderkassen kommen.

Das gilt auch für SPNV-Strecken, die momentan noch mit Dieseltraktion betrieben werden müssen, weil keine Oberleitung vorhanden ist. Im Rahmen der allgemeinen Schieneninvestitionen kann sich der Bund natürlich daran beteiligen. Aber Finanzierungsvereinbarungen für konkrete Projekte kann und darf es nur dann geben, wenn auch die Länder ihrer Verantwortung gerecht werden. Warum insbesondere den Aufgabenträgern das nicht in den Kopf gehen will, darüber kann man nur spekulieren.

Natürlich: Es handelt sich um Institutionen der Länder. Manche sind mehr, andere weniger abhängig von ihren jeweiligen Verkehrsministerien. Trotzdem gilt noch immer das Prinzip der Kostengerechtigkeit zwischen Bund und Ländern. Wenn die Länder sich entscheiden, weniger für die Schiene auszugeben, dann kann es nicht der richtige Weg sein, dass der Bund doppelt und dreifach zahlen muss.

Überhaupt sollte man einmal ohne Tabus darüber nachdenken, wie viel Geld es denn bitte sein darf: Heute schon kostet die Eisenbahn den Steuerzahler etwa zwanzig Milliarden Euro im Jahr. Selbstverständlich besteht ein Teil davon aus Sowieso-Kosten für das Bundeseisenbahnvermögen. Die Misswirtschaft der Behördenbahn bringt Folgekosten mit sich, die man nicht der Eisenbahn von heute ankreiden kann.

Auch die Regionalisierungsmittel sind Gelder, die zur öffentlichen Daseinsvorsorge benötigt werden. Trotzdem ist man irgendwo an einen Punkt gekommen, an dem man sich die Frage stellen muss, welchen konkreten Nutzen zusätzliches Geld bringt – oder ob man nicht zuerst vorhandene Ineffizienzen beseitigen sollte. Schließlich reden wir hier von Geld, das der Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern gewaltsam weggenommen hat. Dies ist besonders behutsam zu verwenden – auch wenn es um die heilige Kuh Eisenbahn geht.

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