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Geraer unterstützen Stadtbahnbau nach Langenberg

04.07.12 (Thüringen) Autor:Niklas Luerßen

Rund 350 Unterschriften in zwei Stunden: Als Erfolg verbuchten der Ortschaftsrat von Langenberg sowie die Wohnungsbaugenossenschaft Neuer Weg ihre vergangene Woche kurzfristig anberaumte Unterschriftensammlung für den Bau der Stadtbahnlinie 4. Sie hatten die Argumente für das Projekt zusammen getragen und die Bürger um ihre Unterstützung gebeten; gleichzeitig beantwortete der GVB Detailfragen der Anwohner. Am morgigen Donnerstag sollen die Unterschriftenlisten durch die Stadtratsfraktion der Linken an die neue Oberbürgermeisterin Dr. Viola Hahn übergeben und diese dazu aufgefordert werden, sich beim Freistaat Thüringen für die seit langem ausstehende Fördermittelfreigabe stark zu machen.

Wir freuen uns, dass unser Stadtbahnprojekt nun Unterstützung von denen erfährt, die davon profitieren werden: Den Bürgern, Unternehmern und Gästen von Langenberg“, sagte GVB-Geschäftsführer Ralf Thalmann. „Denn über die Tatsache hinaus, dass der Bau der neuen Straßenbahnlinie für uns als GVB sinnvoll und wichtig ist, wird er die Lebensqualität der Langenberger heben. Dass die Bürger dies nun offen einfordern zeigt, dass es höchste Zeit ist, endlich mit der Umsetzung zu beginnen.“ Seit dem Jahr 2000 bereits ist der Straßenbahnbau erklärter Wille der Stadt Gera: Im vom Stadtrat beschlossenen Nahverkehrsplan wurde damals das Ziel verankert, den öffentlichen Nahverkehr auf Stadtbahnniveau anzuheben, um insbesondere den Anforderungen der älter werdenden Gesellschaft gerecht zu werden.

Der GVB habe dafür seine Hausaufgaben längst erledigt, berichtet Thalmann. Die Bauplanung ist abgeschlossen, Baurecht liegt seit September 2010 vor, die Eigenmittel des GVB sind eingeplant, die Fördergelder vom Bund eingestellt; es fehlt einzig die Fördermittelzusage des Landes. „Seit Mai sind unserer Kenntnis nach alle sachlichen Fragen geklärt. Jetzt muss endlich grünes Licht gegeben werden.“ Weitere Zeit verstreichen zu lassen, sei fahrlässig. „Die Fördermittel stehen jetzt bereit, nicht später“, verdeutlicht Thalmann. „Die Fördermittel für den ÖPNV-Ausbau werden jährlich reduziert, sollen ab 2019 ganz wegfallen. Wir müssen jetzt handeln, wenn wir eine 50-Millionen-Euro-Investition nach Gera holen wollen.“ Noch dieses Jahr könnten die Maßnahmen beginnen, die während der Bauzeit rund 80 Arbeitsplätze in der Region sichern. „Dann fährt 2015 die erste Straßenbahn nach Langenberg.“

Den ÖPNV attraktiv zu halten und im Interesse der Fahrgäste mutig weiter zu entwickeln, sei das Credo des GVB. „Die jahrelange engagierte Arbeit unserer Mitarbeiter darf nicht umsonst gewesen sein. Die Chancen, die in dem Neubau liegen, überwiegen deutlich.“ Nicht zuletzt seien bereits hohe Beträge in Vorbereitung und Planung geflossen. Tatsächlich sprechen viele Gründe für eine Fortführung des Stadtbahnprogramms. „Der Neubau der Stadtbahnlinie 1 hat unbestritten viele Vorteile für den GVB, aber auch die Bürger mit sich gebracht.“ Beispielhaft nennt Thalmann die Aufwertung der Wohnstandorte und verbesserte Anbindung der Unternehmen, die schnellere Erreichbarkeit sozialer und kultureller Einrichtungen. Die erwarteten Fahrgastzahlen wurden weit übertroffen: Nach täglich 9000 Fahrgästen in der „Omnibuszeit“, erwarteten die Planer einen Anstieg auf 10.000 Kunden täglich – tatsächlich nutzten 2011 täglich rund 11.000 Passagiere die Linie 1. „Ähnliches wollen wir an den fünf Projektstandorten im zweiten Paket erreichen. Wir wollen Verantwortung für unsere Stadt übernehmen und dazu beitragen, sie attraktiver und lebenswerter zu machen.“

Herzstück ist der Neubau nach Langenberg. „In dieser Teilmaßnahme steckt das meiste Potenzial zur Stadtentwicklung. Auch deshalb kämpfen nun Lokalpolitiker,Unternehmen und Vermieter für deren Umsetzung.“ Die Straßenbahn werte den Norden als Wohnstandort deutlich auf: Auf eigenen Gleisen unterwegs, ist die Bahn das zuverlässigste Verkehrsmittel auf innerstädtischen Wegen. Barrierefrei nutzbar, macht sie Langenberg als Lebensmittelpunkt für Familien mit kleinen Kindern, aber auch für die ältere Generation attraktiver. Mit den Linie-4-Haltestellen werden Unternehmen wie Rieger, Max Bögl, Neef oder AVS besser angebunden. Vom mit dem Regionalverkehr Richtung Bad Köstritz und Eisenberg vertakteten Verkehrsangebot profitiere auch das Umland. Die Straßen könnten vom Verkehr entlastet, Lärm und Feinstaub reduziert werden.

Neben diesen ‚weichen Faktoren‘ zählt aber vor allem, dass sich der Stadtbahnbau nach Langenberg unterm Strich rechnet – zuallererst für den GVB und damit auch für die Stadt, die Stadtwerke und letztlich den Steuerzahler“, betont Thalmann. „Hinter unseren Plänen steckt ein überzeugendes Verkehrskonzept.“ Durch die geplante Gabelung der Linie 3 an der Berufsakademie und die wechselnde Bedienung von Bieblach-Ost und Langenberg kann Geras Norden bei gleichbleibendem Aufwand im Straßenbahn- und sinkendem Aufwand im Busbereich besser als bisher angebunden werden. Die Linie 4 wird im 10-Minuten- Takt verkehren, die umsteige- und staufreie Fahrt in die City dauert dann nur 15 Minuten: deutlich weniger als bisher. Die im gemeinsamen Nahverkehrsplan mit dem Landkreis Greiz verabredete Vernetzung der Verkehre ab Langenberg verbessert das Angebot ins Umland. Davon geht auch die so genannte Standardisierte Bewertung aus, ein Verfahren des Bundes zur Wirtschaftlichkeitsberechnung des Fördermitteleinsatzes. Sie erwartet einen Fahrgastzuwachs von 20% allein auf dem Abschnitt Langenberg – Tinz. Bei Umsetzung aller Projekte erwartete sie einen Fahrgastzuwachs von 7,6% im gesamten Netz. Das Paket umfasst neben dem bereits umgesetzten Ausbau Hinter der Mauer noch den Stadtbahnbau in der Wiesestraße sowie nach Bieblach-Ost und Lusan. Investitionen von über 50 Millionen Euro sind vorgesehen. 75% der Baukosten sollen aus Fördermitteln von Bund und Land finanziert werden.

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