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Baden-Württemberg zeigt: Direktvergaben sind unwirtschaftlich und falsch

16.07.12 (Baden-Württemberg, Kommentar, Verkehrspolitik, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Man kann sich lang und breit drüber streiten, ob es statthaft ist, die Preise in einem großen Verkehrsdurchführungsvertrag mit denen in der Ausschreibung eines sehr viel kleineren Teilnetzes zu vergleichen. Die Mischkalkulation auf der einen Seite und die konkreten Annahmen auf der anderen. Doch in Baden-Württemberg wurde mit Hilfe des VCD einmal mehr deutlich gezeigt, dass Direktvergaben nicht nur ordnungspolitisch, sondern auch ökonomisch falsch sind.

Fakt ist: Dem SPNV steht nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung. Das muss reichen, einen Nachschlag gibt es nicht. Je weniger Zuschussbedarf für den einzelnen Zugkilometer besteht, desto mehr Verkehr kann bestellt werden. Baden-Württemberg zeigt, dass Direktvergaben der Eisenbahn nachhaltig schaden. Deshalb sind allen Forderungen abzulehnen, eine neue gesetzliche Grundlage für Direktvergaben zu schaffen. Dahinter stehen üblicherweise hoch bezahlte Lobbyisten mit Dienstwagen und Fahrer, denen es egal ist, ob ihr Wohnort mit vier oder zwanzig Zugpaaren am Tag angeschlossen ist.

Dass man in Baden-Württemberg nichts gelernt hat, zeigt die angestrebte Direktvergabe der Stadtbahn Heilbronn an ein Konsortium aus AVG und DB Regio. Auch diese lehnt der VCD ab, doch es gibt niemanden, der sich dagegen zur Wehr setzt. Eine Beschwerde bei der zuständigen Vergabekammer würde reichen. Doch auch die Wettbewerbsbahnen handeln kaufmännisch. Wenn man in Baden-Württemberg kein Interesse hat, gehen die Unternehmen dorthin, wo sie erwünscht sind.

Denn niemand kann überall sein. Auch DB Regio hat im letzten Jahr über die Springerzeitung DIE WELT ankündigen lassen, dass man sich künftig nur noch an einigen wenigen, ausgewählten Ausschreibungen beteiligen wird. Das Interesse am von Rüdiger Grube immer wieder so genannten „Brot- und Buttergeschäft“ nimmt also auch bei der Deutschen Bahn ab. Da grenzt es an Dummheit, wenn sich Verkehrspolitiker mit ihrer Schienenpolitik auf Gedeih und Verderb diesem Unternehmen ausliefern.

Natürlich ist es eine absurde Vorstellung, dass eine Eisenbahnstrecke gegen den Willen eines Aufgabenträgers geschlossen werden muss, weil niemand mehr Lust hat, dort zu fahren. Aber wer exklusiv mit der DB AG verhandelt, der zahlt mehr als derjenige, der auf wirtschaftlichen Wettbewerb setzt. Preise werden am Markt gemacht. Wer sie einseitig festlegen lässt, der zahlt zu viel.

Dass man auch heute in einer vermeintlichen „Konsolidierungsphase“ noch viel Geld sparen kann, macht aktuell der VRR vor: Auf den Linien S 5 und S 8 wechselt man in zwei Jahren vom Netto- in den Bruttovertrag und spart einen Euro pro Zugkilometer. Ähnlich sieht es auch auf der Linie RB 47 aus, obwohl diese wegen des unkalkulierbaren Risikos Müngstener Brücke eigentlich ein Kandidat für eine Direktvergabe an DB Regio wäre: Schließlich gibt es ein unsicheres Betriebsprogramm. Bei der Haardachse wurde für die Zeit von 2014 bis 2024 exakt der Preis erzielt, der bereits 2004 raus gekommen ist: Ein schönes Inflationsziel Bei allen drei Ausschreibungen wurden die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des VRR noch einmal deutlich übertroffen.

Es zeigt, welch großes Erfolgsmodell der intramodale Wettbewerb auf der Schiene ist. Man sieht aber auch, zu welchen Preisen die Deutsche Bahn auf einmal in der Lage ist zu fahren. Das kostet das Unternehmen richtig viel Gewinnmarge. Geld, das demnächst zur Verfügung steht, die Kostensteigerungen in anderen Bereichen aufzufangen. Das geht in Baden-Württemberg nicht. Dort zahlt man Preise, aus denen DB Regio in anderen Bundesländern Kampfangebote quersubventionieren kann – während die Pendler buchstäblich auf die Straße gesetzt werden.

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