Zugunfälle mit Raumfahrttechnik verhindern
06.06.12 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg
Mit der Sicherheit auf Schienen beschäftigt sich auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dort sind die Sicherheitsanforderungen besonders hoch, schließlich besteht kein Kontakt zu Fahrbahn oder Gleisen und man bewegt sich teils sogar im „luftleeren Raum“. Funkgestüzte Kommunikations- und Ortungssysteme haben ihren festen Platz in der Luft- und Raumfahrt. Was ist da naheliegender als sich auch „irdischen Dingen“ zuzuwenden. Nach umfangreichen Tests haben zwei DLR-Wissenschaftler mit der Technologie aus dem Forschungsprojekt „RCAS“ (Railway Collision Avoidance System) ein Unternehmen ausgegründet.
Auf der Webseite des DLR stellen die Wissenschaftler ihr Projekt vor. „Intelligence on Wheels“ – zu deutsch „Intelligenz auf Rädern“ – haben die DLR-Mitarbeiter Prof. Thomas Strang und Andreas Lehner ihre Unternehmung genannt, die in Gilching nahe des DLR-Standorts Oberpfaffenhofen ihren Sitz hat. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem Eintrag ins Handelsregister dem Transfer des Forschungsthemas RCAS in den realen Betrieb einen großen Schritt näher gekommen sind“, fasst Geschäftsführer Strang zusammen. Seit 2007 hat der promovierte Informatiker vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation das Forschungsprojekt „RCAS“ geleitet, in dessen Rahmen ein spezielles Antikollisionssystem für Züge entwickelt worden ist. Zusammen mit Wissenschaftlern der DLR-Institute für Verkehrssystemtechnik sowie für Robotik und Mechatronik ist aus der puren Idee eine marktreife Technologie entstanden. „Das DLR-Technologiemarketing hat uns auf dem Weg bis zur Ausgründung begleitet und RCAS ein entsprechendes Marktpotenzial bescheinigt“, berichtet Strang.
In jeder RCAS-Einheit steckt eine Kommunikations- und einer Ortungskomponente. Sie funktionieren unabhängig von der Infrastruktur der Strecke, also Signalen und anderen bahneigenen Sicherheitseinrichtungen. Das System erfasst alle Parameter eines Zuges, die bei einer Kollision eine Rolle spielen: Position, Geschwindigkeit, Bremsvermögen oder Überschreitungen des Lademaßes und sendet diese per Funk auf direktem Wege an alle Züge in seiner näheren Umgebung. Das System erfasst alle Parameter eines Zuges, die bei einer Kollision eine Rolle spielen: Position, Geschwindigkeit, Bremsvermögen oder Überschreitungen des Lademaßes und sendet diese per Funk auf direktem Wege an alle Züge in seiner näheren Umgebung. „Jeder Zug, der diese Informationen empfängt, kann diese mit seinen eigenen Parametern vergleichen und so ständig die aktuelle Verkehrslage auf der Schiene beurteilen“, erklärt Andreas Lehner, technischer Leiter von „Intelligence on Wheels“. Durch eine Kombination unterschiedlicher Sensorsysteme ist es den Wissenschaftlern gelungen, die Züge zuverlässig und gleisgenau zu lokalisieren.
Mit diesem System könnte auch Baufahrzeuge und Streckenarbeiter ausgestattet werden, um das Lagebild noch genauer zu machen.
Im Mai 2010 ist der Ansatz erstmals erfolgreich in einem Zug der Bayerischen Oberlandbahn BOB getestet worden. „Messungen auf dem Streckennetz der BOB haben zum Beispiel ergeben, dass auch bei schlechtesten Umgebungs- und Betriebsbedingungen wie bei maximaler Geschwindigkeit noch ein mehr als siebenfacher Bremsweg zur Verfügung steht, wenn RCAS erstmals die Signale eines anderen Zuges empfängt und eine erste Sicherheitsbewertung erfolgen kann“, verdeutlicht Thomas Strang.