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Oberleitung für die Autobahn?

04.06.12 (Güterverkehr) Autor:Jürgen Eikelberg

Allein in Deutschland werden heute rund 620 Milliarden Tonnenkilometer an Gütern pro Jahr bewegt. Rund 70 Prozent entfallen dabei auf die Straße. Die restlichen 30 Prozent entfallen auf die Bahn und das Binnenschiff. Bis zum Jahr 2050 wird sich der Güterverkehr verdoppeln. Nach dem Willen der Europäischen Union und auch der Bundesregierung soll der Anteil der umweltfreundlichen Bahn am Gütertransport erhöht werden. Dies erfordert gewaltige Investitionen in die Infrastruktur.

Selbst wenn alle Projekte durch finanziert und alle Widerstände gegen Bahnprojekte ausgeräumt wären, könnte die Bahn diese Transportmenge gar nicht bewältigen. Und so bleibt die Notwendigkeit, die Güter weiterhin auch mit dem LKW transportieren zu müssen. Dadurch werden sich die CO2-Emissionen von jetzt 67,5 Millionen Tonnen auf rund 120 Millionen Tonnen erhöhen. Das widerspricht dem Ziel der Bundesregierung, den Ausstoß des klimaschädlichen Gases zu reduzieren. Doch was ist der Ausweg?

Eigentlich ist die Idee nicht neu. Schon 1901 wurden die von dem Ingenieur Max Schiemann entwickelten elektrischen Traktoren auf der gleislosen Bielethal-Motorbahn in Königstein (Sachsen) zum Gütertransport eingesetzt. Auch im Rheinland, in Monheim gab es von 1904 bis 1908 die Gleislose Bahn Monheim – Langenfeld, die auch Güter transportierte. Und in Hamburg verkehrten auf der Hafenschleppbahn Altona bis 1949 elektrisch Schlepper. Auch in anderen Ländern waren Oberleitungslastkraftwagen im Einsatz. In Russland sind auch heute noch in vielen Städten solche Fahrzeuge unterwegs. Das sind bzw. waren relativ kleine Einsatzgebiete.

Auf den ersten Blick hört es sich grotesk an, was der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung vorschlagen will. Die Elektrifizierung der Autobahn! LKW sollen zusätzliche Elektromotoren und Stromabnehmer bekommen und so auf der Autobahn CO2-los fahren. Verliert der LKW den Kontakt zum Fahrdraht, schaltet sich automatisch der Dieselmotor ein. Umgekehrt schaltet sich der Dieselmotor aus, wenn das Fahrzeug Kontakt mit der Oberleitung bekommt.

Utopie scheint es nicht zu sein. Siemens betreibt in Großdölln in der Uckermark eine Pilotstrecke. Das Projekt „Enuba“ wurde von 2010 – 2011 mit über zwei Millionen Euro gefördert und inzwischen läuft „Enuba II“. Bürokratisch heißt das Ziel: „den elektrischen, fahrdrahtgebundenen Betrieb schwerer Nutzfahrzeuge für den Straßengüterverkehr zu untersuchen und die technische Realisierbarkeit des Systems auf einer Teststrecke zu demonstrieren“. In einer offiziellen Broschüre des Ministerium heißt es: „Insgesamt konnte auf der Teststrecke die technische Machbarkeit des gewählten Systems aus Fahrzeug, Fahrleitungssystem und Energieversorgung zur Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs nachgewiesen werden.“

Dieses Truck-Trolley System sei sehr leicht in das bestehende Fernstraßennetz zu integrieren, findet der Sachverständigenrat. Man denke daran, zunächst die Autobahnen mit der einstelligen Ordnungsnummer zu elektrifizieren. Die Kosten beziffert der Sachverständigenrat auf 14,25 Milliarden Euro.

Auch international ist man an diesem Projekt interessiert. Das von Siemens als „eHighway“ genannte Projekt könnte Los Angeles für den Hinterland-Hafenverkehr gut gebrauchen. Auch Schweden soll laut Siemens daran interessiert sein.

Bild: Siemens AG

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