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Gummikörper-Probleme mit Münchener Variobahnen von Stadler

11.06.12 (München) Autor:Niklas Luerßen

In den letzten Wochen traten nach Angaben von Stadler Auffälligkeiten an den Gummikörpern der Räder der Variobahnen auf. Stadler begutachtete in Zusammenarbeit mit dem Hersteller der Räder ca. 15.000 Gummikörper an über 70 Fahrzeugen. Die Stadtwerke München (SWM) dementierten indessen die Stadler-Angaben als „teilweise falsch“.

Nach Angaben von Stadler ergaben die Untersuchungen, dass bei 1,7% der Gummikörper Auffälligkeiten vorhanden sind. Bei einem der Fahrzeuge war es erforderlich, die Gummikörper zu tauschen, alle Straßenbahnen können weiterhin im Fahrgastbetrieb eingesetzt werden. An den betroffenen Gummikörpern wurden aufwendige Material- und Schwingungsfestigkeitsuntersuchungen durchgeführt, um Erkenntnisse über die Entstehung der Ursachen zu erhalten.

Michael Daum, Geschäftsführer der Stadler Pankow GmbH: „Alle bisher untersuchten und auffälligen Gummikörper weisen Abweichungen zu den geforderten Eigenschaften auf, die einen Schluss auf vereinzelte nicht zulässige Schwankungen im Herstellungs-  und Verarbeitungsprozess zulassen. Endgültige Gutachten erwarten wir zum Ende des Monats“. Eine erarbeitete Kontrollroutine der Räder ermöglicht weiterhin einen uneingeschränkten betrieblichen Einsatz der betroffenen Fahrzeuge.

Alle festgelegten Parameter zur Auslegung und zur Konstruktion der Räder und, damit verbunden, der betroffenen Gummikörper, wurden überprüft. Die Richtigkeit der Auslegung konnte bestätigt werden. Abgeleitet von den dargestellten Ergebnissen und Ursachen wird beim Lieferant der Räder die Montagevorschriften verschärft sowie eine intensivere Qualitätskontrolle hinsichtlich der verwendeten Gummikörper eingeführt.

Nach Angaben der SWM hingegen trifft die Stadler-Pressemitteilung „Variobahn – Auswertung der Schäden an Gummikörpern“ vom 7. Juni 2012 auf die Situation in München nicht zu. So behaupte Stadler, dass die schadhaften Gummikörper im Bereich der Räder nur bei einer von insgesamt 70 untersuchten Variobahnen getauscht werden mussten. Allein in München waren aber aus diesem Grund bereits sechs Züge in der Werkstatt; alle zwölf Variobahnen sind von dem Serienschaden betroffen. Laut Stadler waren bisher 1,7% der Gummikörper auffällig; in München liegt die Quote aktuell bei rund 3%.

In jedem Rad sind bis zu 21 Gummikörper verbaut; eine Auffälligkeit bei nur einem einzigen Gummikörper pro Rad kann bei entsprechendem Schadensbild dazu führen, dass der Zug außer Betrieb genommen und aufwändig repariert werden muss. Grundlage für die Beurteilung der Schäden und die etwaige Abstellung eines Zuges zwecks Reparatur ist ein Kriterienkatalog, der mit der zuständigen Aufsichts- und Zulassungsbehörde bei der Regierung von Oberbayern festgelegt wurde.

Für nicht nachvollziehbar hält man vor diesem Hintergrund die Aussage von Stadler, dass alle Variobahnen uneingeschränkt eingesetzt werden könnten. Fakt ist zumindest in München, dass alle im Fahrgastbetrieb verkehrenden Stadler-Züge täglich (!) auf mögliche Auffälligkeiten an den Rädern kontrolliert werden müssen, um neu auftretende Schäden frühzeitig zu erkennen. Wegen des damit verbundenen hohen Aufwands und ggf. erforderlicher Instandsetzungen an den Rädern stehen in der Regel nur drei Variobahnen für den Linieneinsatz zur Verfügung. Mehr Bahnen am Laufen zu halten, als für den laufenden Betrieb erforderlich sind, wäre auch deswegen nicht sinnvoll, weil die Ursache für die Schäden wegen Unkenntnis derzeit nicht zu beseitigen ist und damit Wiederholungsschäden auftreten können.

Im Übrigen blende Stadler komplett aus, dass die Züge derzeit wegen des Serienschadens nicht endgültig zugelassen werden können, sondern nur auf Basis einer befristeten, vorläufigen Gestattung zur Inbetriebnahme fahren. Wenn Stadler das Problem nicht kurzfristig in den Griff bekäme, müssen die Züge zum 31. August 2012 stillgelegt werden. Stadler bleibe daher weiter gefordert, schnellstmöglich die Ursache für den Schaden zu ermitteln und Abhilfe zu schaffen.

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