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Quo Vadis, SPFV?

14.05.12 (Europa, Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die SNCF will ihr Engagement im deutschen SPFV ausbauen. Eine gute Nachricht ging da letzte Woche durch die Branche. Nachdem private Fernzüge immer wieder angekündigt aber mit Ausnahme des InterConnex nur selten umgesetzt worden sind, ist jetzt ein Big Player bereit, einzusteigen. SNCF und Keolis können auf der vorhandenen Struktur bei Thalys in den nächsten Jahren aufbauen. Nicht morgen oder übermorgen, aber perspektivisch geht einiges.

Wenn man sich die Preispolitik der DB AG gerade im Fernverkehr ansieht, dann kann man nicht anders als sagen: Es wird Zeit! Da kostet eine Fahrt von Hamburg nach München mal eben 135 Euro – für Familien ist Bahnfahren unerschwinglich. Man will vom Image des Arme-Leute-Verkehrsmittels weg, man ist es längst, denn für viele ist Autofahren schlichtweg billiger als den Zug zu nutzen.

Klar, hier gibt es eine Menge Kritik: Der Standardpreis sei ohnehin nur vorhanden, um abzuschrecken, man möge lieber auf Sparpreise ausweichen, wer eine Bahncard hat fährt billiger und was noch alles. Doch es ändert nichts: Der Fernverkehr ist zu teuer und diese Preise schaden der Stellung der Eisenbahn im Wettbewerb der Verkehrsträger. Benzinpreiswucher zum Trotz, öffentliche Verkehrsmittel werden auch jedes Jahr teurer und im Regelfall deutlich über der Inflation.

Dem Fernverkehr könnten hier einige Änderungen bevorstehen. Sollten kurzfristig tatsächlich private Züge aus dem Rheinland nach Hamburg und Berlin fahren, dann setzt das auch die Deutsche Bahn unter Druck. Und wenn in der zweiten Hälfte der laufenden Dekade tatsächlich SNCF und DB AG in Deutschland und Frankreich nebeneinander herfahren, dann kann das für den Kunden nur gut sein. Mit dem Thalys von Köln nach Hamburg und mit ICE von Frankfurt nach London: Die Monopolstrukturen brechen auf und das wird ein Ende der Preisspirale bedeuten.

Doch Vorsicht ist geboten. Die Realität zeigt auch ein anderes Bild. Sieht man von einigen wenigen Prestigestrecken ab, schwindet das Fernverkehrsangebot in Deutschland seit Jahren mehr und mehr. Auf die Abschaffung des InterRegio folgte ein immense Ausdünnung des InterCity. Auch diese Zuggattung wird in ihrer jetzigen Form nicht auf Dauer überleben. Für die Deutsche Bahn gelten dieselben kaufmännischen Regeln wie für alle Wettbewerbsbahnen: Man fährt nur da eigenwirtschaftlich, wo sich eine dem Investitionsvolumen und dem Risiko angemessene Rendite erzielen lässt.

An dieser Stelle muss sich die deutsche Verkehrspolitik von einer zentralen Lebenslüge der Bahnreform verabschieden, nämlich der Annahme, dass der SPFV überall und immer eigenwirtschaftlich gefahren werden könne. Das ist nicht der Fall, die Angebotskürzungen unter Mehdorn belegen das ebenso wie Bestrebungen unter Grube, sich den Fernverkehr aus den für die Flächenerschließung vorgesehenen Regionalisierungsgeldern alimentieren zu lassen.

Letzteres Modell ist politisch inakzeptabel und juristisch fragwürdig. Dass sich ausgerechnet die sonst so wettbewerbsaffine LNVG auf solch´ einen merkwürdigen Deal eingelassen hat, ist an dieser Stelle besonders überraschend; aber man muss davon ausgehen, dass dieses Konstrukt nicht gerichtsfest ist. In Rheinland-Pfalz haben die Verantwortlichen dieses Modell jüngst erst abgelehnt.

Es wird daher eine der wichtigsten Fragen der nächsten Jahre sein, wie man ein den überregionalen Verkehrsbedürfnissen angemessenes Angebot im SPFV aufrecht erhalten kann und dabei sowohl freies Unternehmertum als auch öffentliche Daseinsvorsorge unter einen Hut bekommt. Trotz Volljährigkeit ist die Bahnreform noch längst nicht abgeschlossen.

Bild: Deutsche Bahn AG

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