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GDL: Eisenbahninfrastruktur muss als AöR in Bundeshand

12.05.12 (Verkehrspolitik) Autor:Jürgen Eikelberg

Anders als die Eisenbahner- und Verkehrsgesellschaft (EVG) fordert die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nicht den Erhalt eines integrierten Konzerns mit Infrastruktur und Betrieb unter einem Dach. Sie setzt sich vielmehr dafür ein, das die gesamte Infrastruktur einschließlich der Bahnhöfe und der Energieversorgung zu 100 Prozent in Bundeshand bleibt und in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführt werde. Dies geht aus dem Leitantrag IV zur Generalversammlung 2012 hervor, der dem Eisenbahnjournal Zughalt vorliegt. Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL, bekräftigte dies am Rande der Generalversammlung in Bonn gegenüber Zughalt nochmals.

Der Bund hat beim Ausbau und Erhalt des bundeseigenen Schienennetzes und bei den Schienenverkehrsangeboten das Wohl der Allgemeinheit zu gewährleisten. So beschreibt das Grundgesetz in Artikel 87e: „Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz Rechnung getragen wird“. Hiervon ist nur der Schienenpersonennahverkehr ausgenommen, dessen Durchführung den Ländern obliegt. Gleichzeitig obliegt dem Bund die wichtige Aufgabe, für einen diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur Sorge zu tragen. Diese Aussage der GDL wird wohl jeder Verkehrspolitiker unterschreiben.

Vor diesem Hintergrund mahnt die GDL mehr Mittel für die Infrastrukturfinanzierung für die Bahn an. Auf mindestens fünf Milliarden Euro jährlich soll sie steigen. Derzeit sind mindestens 27 Bahnprojekte aus dem Bedarfsplan Schiene mit einem Investitionsvolumen von rund 36 Milliarden Euro ohne jegliches Finanzierungskonzept oder sind chronisch unterfinanziert. Gleichzeitig wurde und wird aber in Prestigeobjekte und Hochgeschwindigkeitstrassen investiert, deren verkehrspolitischer Sinn durchaus fragwürdig ist.

Um die Attraktivität der Schiene zu stärken, fordert die GDL einen integrierten Taktfahrplan und eine einheitliches Tarifsystem.

Das Grundübel ist nach Sicht der GDL, das die Eisenbahninfrastruktur des Bundes durch die Infrastrukturunternehmen der Deutsche Bahn AG (DB Netz, DB Station & Service und DB Energie) verwaltet und bewirtschaftet werden. Wenn Wettbewerber der DB diese Eisenbahninfrastrukturen nutzen wollen, müssen sie sie einkaufen. Das ist teuer, zu teuer. Im Geschäftsjahr 2009 verkaufte die DB Netz AG 989,8 Millionen Trassenkilometer. Dabei erzielte das Unternehmen rund 3,9 Milliarden Euro aus Trassenentgelten. Im Jahr 2010 entrichteten die Eisenbahnverkehrsunternehmen Trassenentgelte in Höhe von insgesamt 5,2 Milliarden Euro. Am 10. Februar 2012 hat die DB Netz AG die ab Dezember 2013 gültigen Trassenentgelte veröffentlicht.

Danach werden die Trassenpreise erneut im Schnitt um 2,5 Prozent angehoben. Inzwischen ist davon auszugehen, dass vom Umsatz eines Eisenbahnverkehrsunternehmens etwa 40 bis 50 Prozent für Trassenpreise, Stationsentgelte und Bahnstrom abgehen. Ein positives Betriebsergebnis lässt sich dadurch kaum noch erzielen. Es sei denn, es wird gespart, beispielsweise bei den Arbeitnehmern und deren Einkommens- und Sozialbedingungen. Wenn die Trassenpreise weiter steigen, werden vor allem die Wettbewerbsbahnen der DB und die Aufgabenträger als Besteller von Schienenpersonennahverkehrsleistungen in ihrem Aktionsfeld immer mehr eingeschränkt, während sich das Ergebnis der DB nicht verändert: Was die DB-Verkehrsunternehmen weniger verdienen, verdient die DB Netz AG entsprechend mehr. Im Jahr 2009 erwirtschaftete das Netz etwa 800 Millionen Euro Gewinn, 2011 etwa 700 Millionen. Nach der Mittelfristplanung soll der Gewinn bis 2013 auf 1,2 Milliarden Euro steigen.

Dabei kritisiert die GDL, dass der Bund als Eigentümer Einfluss auf die Verwendung der Mittel nehmen könnte, es aber nicht tut. Die GDL bemängelt vor allem den Konzernverbund beziehungsweise die Holdingstruktur der DB. Diese Fehlkonstruktion erlaubt es der DB, mit dem Gewinn aus allen Konzernunternehmen, so auch aus der Eisenbahninfrastruktur weltweit auf Einkaufstour zu gehen. Dabei sollte die Holdingstruktur in den ursprünglichen Privatisierungsplänen nicht von Dauer sein, sondern in der dritten Stufe zur Bahnreform im Jahre 2002 aufgelöst werden. Auch die EU-Kommission bewertet diese Entwicklung kritisch. Durch die EU-Richtlinien des zweiten Eisenbahnpaketes (Richtlinien 91/ 440/ EWG und 2001/ 14/ EG) wird eine weitgehende rechnerische und organisatorische Trennung von integrierten Eisenbahnunternehmen Modell besteht der systematische Anreiz, die kommerziellen Interessen des dominierenden Eisenbahnunternehmens zu unterstützen. Deshalb müsse der Infrastrukturbetreiber unabhängig von den dominierenden Eisenbahnverkehrsunternehmen sein. Es ist auch unwahrscheinlich, dass Regulierungsbehörden ausreichten, um Diskriminierungen tatsächlich zu verhindern.(das heißt, von Unternehmen die sowohl Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen als auch eine Eisenbahninfrastruktur betreiben) vorgegeben.

Hier der Leitantrag im Wortlaut:

Die Generalversammlung 2012 fasst folgenden Beschluss:

Der Bund muss jährliche Investitionen in Höhe von 5 Milliarden Euro bereit stellen, um die Schieneninfrastruktur für die Zukunft fit zu machen.

Die verkehrs-und energiepolitisch notwendige Wende zu „Mehr Verkehr auf der Schiene“ ist zu forcieren. Dazu ist ein auf die Bedürfnisse des Schienenverkehrs, einschließlich Schienengüterverkehr optimal abgestimmter integraler Taktfahrplan vorzugeben. Zur Realisierung dieses Taktfahrplanes muss ein Bestandsnetz festgelegt werden und der bedarfsgerechte Ausbau der Schieneninfrastruktur erfolgen.

Der integrale Taktfahrplan im Personenverkehr muss durch ein einheitliches Tarifsystem ergänzt werden.

Die GDL fordert von der Politik zur Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen im Eisenbahnmarkt die Sicherstellung der strukturellen Unabhängigkeit der Eisenbahninfrastrukturunternehmen der DB und damit verbunden die Aufhebung der Gewinnabführung von den DB-Infrastrukturgesellschaften an den DB-Konzern. Der Bund muss dauerhaft zu 100 Prozent Eigentümer der Eisenbahninfrastruktur bleiben, am sinnvollsten durch die Überführung in eine Anstalt des Öffentlichen Rechts.

Dieser Leitantrag wurde durch die stimmberechtigten Delegierten der Generalversammlung 2012 in Bonn beschlossen.

Bonn, 8. Mai 2012

Bild: Jürgen Eikelberg

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