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Elektronetz Nord: Fatales Zeichen bei der NASA

21.05.12 (Kommentar, Sachsen-Anhalt, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Vergabekammer Halle an der Saale weist den Einspruch der Nordbayerischen Eisenbahngesellschaft gegen die freihändige Vergabe des Elektronetzes Nord an DB Regio zurück. Auch wenn das nur aus formalen Gründen geschah, es ist ein bundesweites Zeichen, denn hier ging es um mehr als nur eine Vergabe ohne Ausschreibung. An dieser Stelle könnte ein Modell Schule machen, das für die Zukunft fatal wäre.

Zentrales Element ist nämlich nicht, dass an dieser Stelle – wie im VRR – ein schlechter Verkehrsvertrag aufgebessert wird, indem vorzeitige Investitionen in neues Rollmaterial einer Vertragsverlängerung gegenüberstehen. Momentan sind dort noch Züge aus DDR-Produktion im Einsatz. Viel interessanter ist, dass DB Regio sämtliche Trassenpreisrisiken für die gesamte Vertragslaufzeit übernimmt, also bis Dezember 2028. Die NASA ist somit das Hauptproblem los, das Aufgabenträger in ihrer jetzigen Situation haben.

Bereits vor zwei Jahren warnte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger (BAG SPNV) davor, dass die explodierenden Trassenkosten das derzeitige Angebot im Nahverkehr auf Dauer unfinanzierbar machen. Während im Moment etwas mehr als die Hälfte der Regionalisierungsgelder direkt in die Infrastruktursparten der Deutschen Bahn wandern, werden es ceteris paribus im Jahr 2020 achtzig Prozent sein. Abbestellungen, wie es sie im Dezember 2010 in Sachsen erstmals gegeben hat, werden nur noch eine Frage der Zeit sein. Das ist vor allem deshalb so, weil sich die immensen Ersparnisse bei Folgeausschreibungen nicht erneut realisieren lassen – Kostensteigerungen schlagen daher voll durch.

Wenn ein Vertrag wie in Sachsen-Anhalt jetzt Vorbild für andere wird, dann hat sich der Wettbewerb ganz schnell erledigt. Denn nur die Deutsche Bahn ist aufgrund ihrer Größe und vor allem ihrer Konzernstruktur in der Lage, solche Angebote zu machen: Die Gewinne schrumpfen im Laufe des Vertrages bei DB Regio und steigen bei DB Netz. Oder aber DB Regio kalkuliert damit, im Laufe der Jahre Verluste zu schreiben, bietet der NASA also „politische Preise“, um Wettbewerber auszustechen. Vielleicht sind die Grundpreise aber auch so hoch, dass die Risiken vom ersten Zugkilometer mit eingepreist sind. Wie man es also dreht und wendet, irgendwas stimmt nicht an der Sache.

Natürlich war es aus Sicht der NASA aus den genannten Gründen verständlich, sich auf diese Vergabe einzulassen. Aus ganzheitlicher Warte betrachtet ist so etwas jedoch völlig inakzeptabel – spätestens nach Ablauf dieses Vertrages wird das Problem wie ein Bumerang auf die NASA zurückkommen. Denn dann schlagen die gesteigerten Trassenpreise von jetzt auf gleich voll durch. Von den insgesamt gestiegenen Kosten einmal ganz abgesehen.

Aber das ist ein Problem der NASA – von branchenweiter Bedeutung ist lediglich, dass diese Art von Wettbewerbsverhinderungstaktik der DB AG mit politischen Mitteln unterbunden werden muss. Dass der Einspruch nur aus formalen Gründen zurückgewiesen worden ist, ist dabei ein gutes Zeichen. Wer vor diesem Hintergrund von einer Gesetzesänderung zugunsten von Direktvergaben redet, der kennt entweder die Realitäten nicht oder aber handelt aus persönlichen Eigeninteressen. Dem Machtpotential, das man der DB AG an dieser Stelle zugestehen würde, könnte man nie wieder Herr werden.

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