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Was bedeutet das Nachtflugverbot in Frankfurt für die Eisenbahn?

05.04.12 (Güterverkehr) Autor:Jürgen Eikelberg

Ein Kommentar von Jürgen Eikelberg

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das Urteil ihrer Kassler Kollegen vom hessischen Verwaltungsgericht bestätigt. Somit gilt am größten deutschen Flughafen von 23 Uhr bis 5 Uhr ein Nachtflugverbot. Das Ruhebedürfnis der Anwohner gehe vor wirtschaftlichen Interessen des Flughafens und der Fluggesellschaften. Die Anwohner haben damit einen Sieg errungen. So weit so gut.

Kann man das auf die Eisenbahn übertragen? Hierbei muss man wissen, das in der Nacht mehr als 90 Prozent der Flüge interkontinentale Frachtflüge sind, weniger als zehn Prozent entfallen auf Passagiermaschinen. Auf die Vorteile von nächtlichen Frachtflügen will ich hier aber nicht näher eingehen.

Auch bei der Eisenbahn ist es so, das die meisten Güterzüge in der Nacht fahren, dann, wenn nur wenige Personenzüge unterwegs sind. Das macht Sinn, denn sonst würden entweder die Güterzüge ständig ausgebremst oder der Personenverkehr müsste auf die Güterzüge Rücksicht nehmen und ihnen Vorrang einräumen. Abgesehen davon, in der Ära Mehdorn wurden Überholgleise und Weichen herausgerissen und es gibt kaum noch Überholmöglichkeiten. Ein konsequente Trennung zwischen Personen- und Güterverkehr gibt es nicht und so rattern dann nächtens hunderte Güterzüge durch das Land.

Besonders betroffen sind die Anwohner der so genannten Magistrale von Rotterdam nach Genua. Sie führt von Emmerich an der niederländischen Grenze quer durch das Ruhrgebiet über Düsseldorf und Köln weiter zum Mittelrhein. Von dort weiter am Oberrhein entlang bis zu Schweizer Grenze.

Die Niederländer haben ihr Hausaufgaben gemacht, von Rotterdam führt eine Güterzugstrecke meist entlang der Autobahn in einer Tieflage und mit besonderen Lärmschutzwänden bis an die deutsche Grenze bei Emmerich. Die Anwohner in den Niederlanden sind zufrieden.

Von dort geht es aber im Mischbetrieb mit dem Personenverkehr weiter, teilweise mitten durch die Ortschaften, ohne Lärmschutz. Während der Schall sich am flachen Niederrhein weit ausbreitet, aber recht schnell abebbt, wird er am Mittelrhein durch das Gebirge zurück geworfen und durch die schallharte Wasserfläche des Rheins verstärkt. Zudem verkehren hier die Güterzüge auf beiden Seiten des Flusses, und das im Minutentakt.

Ist der Fluglärm böse und der Eisenbahnlärm gut? Der deutsche Gesetzgeber hat es in der Vergangenheit nie versäumt, den Flugzeugherstellern und den Flughafenbetreibern strenge Auflagen zu machen. Und tatsächlich ist der Lärmpegel der Flugzeuge um mehr als die Hälfte gesunken. Auch bei Kraftfahrzeugen sind die Lärmemissionen auf Grund gesetzlicher Vorgaben zurück gegangen und weitere Lärmschutzmaßnahmen erfolgten. Das mag zwar alles noch nicht genug sein, aber bei der Eisenbahn hat er es versäumt, gesetzliche Regelungen zum Lärmschutz zu erlassen. Nur bei Neubaustrecken und bei neu errichteten Wohngebieten an einer Trasse sind gesetzliche Lärmschutzmaßnahmen erforderlich. Für den Rest gilt der so genannte „Bahnbonus“. Die zögerlichen Versuche mit leiseren Bremssohlen kommen 20 Jahre zu spät.

Wie gegen den Fluglärm haben sich auch gegen den Lärm der Güterzüge Bürgerinitiativen gebildet. Doch anders als bei den Fluglärmgegnern finden sie wenig Beachtung. Vielleicht in der örtlichen Presse, mal ein kleiner Fernsehbeitrag in regionalen Programmen. Bei Neu- oder Ausbauprojekten, wie jetzt am Oberrhein, werden sie vertröstet, ob die Politik sie wirklich ernst nimmt, ist fraglich.

Noch haben diese Bürgerinitiativen nicht ein Nachtfahrverbot für Güterzüge vor ihrer Haustür gefordert, doch was passiert, wenn sie es tun? Gilt dann gleiches Recht für alle vor den Leipziger Richtern? Geht dann auch die Nachtruhe der Anwohner vor wirtschaftlichen Interessen der Eisenbahn oder ist der Güterverkehr auf der Schiene ein öffentliches Interesse?

Man beachte dabei aber, das die Bahn keine Behörde mehr ist, sondern ein auf Gewinnmaximierung ausgerichtetes Unternehmen im Bundesbesitz und das private Eisenbahnen einen Marktanteil von 27 Prozent im Güterverkehr haben.

Bild: Michael Krahe (Lizenz: CC BY-SA 3.0)

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