Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Steigende Kraftstoffkosten: Segen statt Fluch für den ÖPNV

02.04.12 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Letzte Woche schlug der Bund Deutscher Omnibusunternehmen (BDO) Alarm: Die hohen Kraftstoffpreise sind eine existentielle Bedrohung für viele mittelständisch geprägte Familienunternehmen. Keine Frage: Wenn der Preis an einem Tag um zwölf Cent schwankt, dann hat das nichts mehr mit realistischer Preisfindung, sondern mit Roulette zu tun, hier sind die Kartellbehörden gefordert. Doch insgesamt kann dem ÖPNV gar nichts besseres passieren.

Zum einen wird Autofahren immer unerschwinglicher, während die Preise für die Fahrt mit Bus und Bahn zunächst konstant bleiben. Vorausgesetzt, dass ein akzeptables Angebot vorhanden ist – in vielen Regionen Deutschlands ist das leider nicht der Fall – wird man einen Umstieg ernsthaft in Erwägung ziehen. Ob das steigende Fahrgastaufkommen in den letzten Jahren bundesweit nur das erhöhte Gesamtverkehrsaufkommen abgebildet haben oder ob hier auch Marktanteile hinzugewonnen worden sind, ist fraglich. In der jetzigen Situation wird das aber vielerorts zwangsweise passieren.

Zwar steigen insbesondere in Dieselnetzen auch die Energiepreise, doch – vorausgesetzt es sind funktionierende vertragliche Regelungen vorhanden – profitiert das System ÖPNV. Zum einen sind die Energiekosten im Regelfall dynamisiert, so dass der Betreiber die Kosten an den Aufgabenträger weitergeben kann. Dieser verdient aber an der immer größer werdenden Zahl der Umsteiger deutlich mehr. Selbst bei Nettoverträgen kommt der Geldsegen dem Aufgabenträger spätestens bei der nächsten Vergaberunde zugute.

Außerdem sorgen steigende Spritpreise für ein größeres Potential bei Fahrpreiserhöhungen. Wenn der Liter Benzin in einem Jahr zwanzig Prozent teurer ist als heute, dann sprich nichts dagegen, die Fahrpreise auch um zehn oder zwölf Prozent zu erhöhen. Immerhin muss man den zusätzlichen Pendlermassen ja gerecht werden, etwa indem man spätestens bei der nächsten Vergabe die Kapazität erhöht.

Und ja, man kann das nutzen und das Angebot qualitativ und quantitativ verbessern. Solange es sich alles in einem geordneten Rahmen bewegt: Inakzeptabel ist es, wenn man die stark steigenden Trassenpreiskosten durch riesige Fahrpreissteigerungen aufzufangen versucht. Wenn man die Fahrgäste angesichts der erhöhen Kosten für Mobilität insgesamt zusätzlich zur Kasse bietet, dann nicht, um mit diesem Geld die Monopolkassen der Deutschen Bahn zu füllen, sondern um es ihnen wieder zugute kommen zu lassen. Zur Erinnerung: Derzeit fließen etwa fünfzig Cent von jedem Euro der Regionalisierungsmittel in die Kassen der DB AG, nach Angaben zahlreicher Aufgabenträger werden es im Jahr 2020 achtzig Cent sein.

In der Debatte um den – zurecht abgesagten – Börsengang gab es Drohkulissen, die auch von Streckenschließungen handelten, weil die Trassenpreise ins unermessliche steigen würden. Das droht auch beim integrierten Staatskonzern DB AG real zu werden. Deshalb gilt es, weiter zu regulieren und die derzeitigen Rahmenbedingungen zu verbessern. Denn selten waren die Chancen so gut wie jetzt, die Eisenbahn für noch größere Teile der Bevölkerung wieder zu einem ernsthaften Verkehrsträger auszubauen.

Kommentare sind geschlossen.