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NRW braucht eine großangelegte Schienenoffensive statt leerer Forderungen

16.04.12 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Eine neue, eigene rot-grüne Mehrheit nach den Landtagswahlen am 13. Mai gilt als sicher. Wahrscheinlich werden die Grünen zugunsten der SPD Federn lassen müssen, aber mit einem Regierungswechsel rechnet wohl niemand ernsthaft. Es wird also Zeit, darüber nachzudenken, was man in den nächsten fünf Jahren aufs Gleis setzen will – und auch, wer dafür die finanzielle Verantwortung übernimmt. Rot-Grün muss umdenken, um Mobilität an Rhein und Ruhr zu gewährleisten.

Der Rhein-Ruhr-Express muss kommen. Daran führt kein Weg vorbei und das Projekt muss tendenziell eher noch ausgebaut werden. Dafür braucht es sowohl Investitionen in die Infrastruktur als auch eine verlässliche Finanzierung des Betriebs. Die Landesregierung muss von ihrer Verweigerungshaltung abrücken, sich selbst an den Kosten zu beteiligen. Eine gute Schienenpolitik wird nur da gemacht, wo die Länder bereit sind, mehr für den SPNV zu geben als sie ohnehin müssen.

Zur Erinnerung: Mit der Senkung der Regionalisierungsgelder 2007 gab es eine Überkompensation durch die gleichzeitig stattfindende Mehrwertsteuererhöhung. Die Länder erhalten heute mehr Geld vom Bund als früher, dieses ist allerdings nicht mehr zweckgebunden. Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb waren bereit, die Schiene weiterhin zu unterstützen. Der damalige Verkehrsstaatssekretär Horst Becker (Grüne) hat bei jeder Gelegenheit über die schienenfeindliche Vorgängerpolitik lamentiert – und war selbst keinen Deut besser. Von warmen Worten baut sich weder eine Infrastruktur noch bestellen sich Zugleistungen. Es braucht Geld, und nach den Wahlen muss eine neue Regierung, ganz gleich, ob mit neuem oder altem Personal, sich genau das klarmachen.

Die in der Woche nach Ostern branchenintern wieder aufgeflammte Diskussion um eine auskömmliche Finanzausstattung des VRR ist dabei lediglich ein Herumdoktern an den Symptomen. Natürlich ist der VRR, auch wenn die Vergabepolitik dort bislang nicht gerade ein Vorbild für Wirtschaftlichkeit war, nicht auskömmlich finanziert. Das Problem ist: Der NVR ist auch nicht auskömmlich finanziert und der NWL wird seit jeher von Landesregierungen aller Farben als Finanzsteinbruch betrachtet.

„Wir machen Geld aus der Revision frei“ wie es unter der alten Landesregierung stets hieß bedeutet in Wahrheit nichts anderes als „Wir nehmen das Geld dem NWL weg.“ Alternativ kann es auch heißen, dass das Geld aus den Investitionsmitteln gestrichen wird, so dass für Infrastrukturmaßnahmen weniger zur Verfügung steht. Mehrverkehr heute auf Kosten eines Investitionsstaus für morgen. So nicht! Was hier läuft hat etwas von Verhungernden, die sich um das letzte Stück Brot streiten. Seriöse Verkehrspolitik sieht anders aus.

Die Forderungen, dass Nordrhein-Westfalen gemessen an seiner Einwohnerzahl einen höheren Anteil an Regionalisierungsgeldern erhalten sollte, sind nicht so einfach von der Hand zu weisen. Fast jeder fünfte Deutsche lebt an Rhein und Ruhr. Auf der anderen Seite muss man klar sehen, dass gerade wettbewerbspolitisch noch viel im Argen liegt. Deshalb ist es notwendig, zuerst eine wirtschaftliche Verwendung der vorhandenen Gelder sicherzustellen.

Aus diesem Grund muss sich eine neue Landesregierung auf jeden Fall von der VDV-Forderung nach einem „neuen Recht auf Direktvergabe“ distanzieren. Wer sich Deals wie in Sachsen-Anhalt oder rund um die Stadtbahn Heilbronn ansieht, der muss wissen, dass man hier der DB AG ein Machtpotential zugesteht, dem die Politik nie wieder Herr werden kann. Deshalb braucht es ein uneingeschränktes Bekenntnis zu fairem Wettbewerb. Er gewährleistet Wirtschaftlichkeit und Transparenz. Das ist eine Grundvoraussetzung für eine Schienenoffensive NRW. Und die ist notwendig, denn der Verkehrsinfarkt ist an Rhein und Ruhr längst kein Worst Case Szenario mehr, sondern gelebter Alltag.

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