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Der InterRegio: Einst beliebtes Abfallprodukt, heute nicht mehr zeitgemäß

12.03.12 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Abschaffung des InterRegio ist heuer genau zehn Jahre her. „Die abenteuerliche Geschichte eines beliebten Zugsystems“ ist leicht erzählt – und abgeschafft wurde er völlig zurecht. Eine Wiedereinführung wäre ein großer Rückschritt in längst überwundene Zeiten einer Behördenbahn mit Gutsherrenmentalität. Dass er 1988 als Nachfolger des unzeitgemäßen D-Zuges so ein Erfolg war, zeigt in welch einem erbärmlichen Zustand sich die Deutsche Bundesbahn befand.

Der InterRegio war vom ersten Tag an als Abfallprodukt konzipiert: Mit Waggons, die ohnehin rumstanden und mit relativ geringem Aufwand modernisiert werden konnten fuhr er auf Strecken, deren Unterhalt sowieso finanziert werden musste. Der klassische Fall von Grenzkostenkalkulation: Fixkosten konnten so gut wie vernachlässigt werden, denn auch ohne InterRegio wären sie nicht gesunken.

Man kann sagen, dass die Bundesbahn an dieser Stelle in ihrer Kalkulation weiter war als die DB AG es heute ist. Es ist auch nicht falsch, wenn man DB Netz ein „mehrverkehrfeindliches Trassenpreissystem“ unterstellt und all das mag bei der Entscheidung der damaligen DB Reise und Touristik AG eine Rolle gespielt haben. Doch die Trennung zwischen Regional- und Fernverkehr war es, die dem InterRegio den Hals gebrochen hat. Und nach zehn Jahren kann man nicht anders als zu sagen: Gut so.

Denn was gibt es heute für Angebote im langlaufenden SPNV: Schönes Wochenende, Quer durchs Land, Ländertickets; all das wäre bei einem eigenwirtschaftlichen InterRegio finanziell nicht darstellbar gewesen. Aber im Regionalverkehr geht es und lockt Leute auf die Bahn, die sich eine Fahrt zum Normalpreis – auch im Nahverkehr – nicht leisten können oder wollen.

Dem InterRegio hätten enorme Ersatzinvestitionen bevorgestanden, ein Problem, das auch den InterCity in seiner jetzigen Form bedroht. Die von Eisenbahnromantikern geliebten und Fernverkehrskunden gehassten „Bodackwagen“ hätte man irgendwann ersetzen müssen. Investitionen unterliegen bei der DB AG den strengen Regeln des Aktiengesetzes, während das Geld bei der Bundesbahn keine Rolle spielte und neue Züge immer dann geordert wurden, wenn die Arbeitsplätze in der Waggonbauindustrie auf der Kippe standen.

Nach heutigem Dafürhalten wäre der InterRegio im Vergleich zum Status Quo ein großer Rückschritt. Die Probleme des Fernverkehrs von übermorgen kann man nicht mit Rezepten von vorgestern lösen. Es braucht bestellten SPFV, dieser muss – wie im Nahverkehr – ordnungsgemäß ausgeschrieben werden. Die Eigenwirtschaftlichkeit im Fernverkehr ist eine zentrale Lebenslüge der Bahnreform. Bestrebungen der DB AG, sich ihren Fernverkehr aus den Regionalisierungsgeldern alimentieren zu lassen, belegen das.

Deshalb braucht es eine Bahnreform 2.0, die den Personenverkehr auf der Schiene vollständig zur öffentlichen Daseinsvorsorge macht und der DB AG hier das Monopol nimmt. Der Wettbewerb im Nahverkehr hat sich als beste erwiesen, was der Eisenbahn in ihrer fast zweihundertjährigen Geschichte passiert ist und muss auf den Fernverkehr ausgeweitet werden.

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