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VRR: S-Bahnausschreibung mit niedrigeren Einstiegshöhen

09.02.12 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Sie werden nur noch achtzig Zentimeter Einstiegshöhe haben, die neuen Fahrzeuge auf den Linien S 5 und S 8. Das ist eine der fundamentalsten Änderungen in der Geschichte der S-Bahn Rhein-Ruhr; bislang setzte man stets auf eine Einstiegshöhe von 96 Zentimetern. Für viele Rollstuhlfahrer bedeutet das, dass sie nun nicht mehr ohne Hilfe in die S-Bahn gelangen können – ein kontrovers diskutiertes Thema.

Dazu VRR-Sprecher Johannes Bachteler: „Unser Ziel ist es, bei uns im Verbundraum auf eine einheitliche Bahnsteighöhe zu kommen. Für Stationen im Mischbetrieb lassen deutsche und EU-Normen letztlich nur die Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern zu. Dies sind bei den Linien S 5 und S 8 immerhin 15 Stationen, die auch langfristig nicht auf 96 Zentimeter anpassbar sind. Bereits heute haben über die Hälfte der Stationen auf diesen Linien 76 Zentimeter Einstiegshöhe; dort gibt es für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen also Verbesserungen.“

Zumindest dann, wenn die Bahnsteige auch barrierefrei erreichbar sind. Beispiel Witten-Annen Nord: Der dortige Bahnsteig hat 96 Zentimeter Einstiegshöhe, ist aber nicht barrierefrei erreichbar. Eine Station weiter ist Dortmund-Kruckel. Die 76 Zentimeter hohen Bahnsteige sind barrierefrei begehbar, so dass Rollstuhlfahrer die S 5 dort ohne fremde Hilfe erreichen können.

Im Wuppertaler Raum gibt es zahlreiche Stationen, an denen die Linien S 8 und RB 47 am gleichen Bahnsteig halten. Abellio-Sprecherin Marina Pohl: „Wir schaffen für die Linie RB 47 fabrikneue Triebzüge an; diese werden eine Einstiegshöhe von 76 Zentimetern haben. An den vier Stationen, die wir auf Wuppertaler Stadtgebiet gemeinsam mit DB Regio bedienen, können mobilitätseingeschränkte Fahrgäste nun erstmals zwischen diesen beiden Linien ohne fremde Hilfe umsteigen, wenn beispielsweise jemand aus Remscheid nach Schwelm oder aus Wuppertal-Ronsdorf nach Gruiten fahren möchte.“

Eine ähnliche Situation hat man in Wetter an der Ruhr. Der Bahnsteig hat eine Einstiegshöhe von 96 Zentimetern, obwohl dort nur einmal die Stunde die S 5 hält. Marina Pohl weist auf unterschiedliche Einstiegshöhen hin: „Unsere Kunden, die die Linien RE 16 und RB 40 nutzen, müssen dort über Rampen in die Züge kommen. Das ist in dieser Form auch an Gleis 2 im Wittener Hauptbahnhof der Fall, wo wir ebenfalls mit DB Regio an einem Bahnsteig halten. Der VRR hat daher unserer Ansicht nach zurecht einen guten Mittelweg gefunden.“

Ein großes Thema war in den letzten Jahren das Fehlen von Toiletten in den neuen Triebzügen der S-Bahn Rhein-Ruhr vom Typ ET 422. Die Linien S 5 und S 8 werden wieder welche haben, auch hier spielt die Einstiegshöhe eine Rolle. Johannes Bachteler weist auf die Marktsituation für Schienenfahrzeuge hin: „Die Beschaffung von Zügen mit Toiletten in einer Einstiegshöhe von 96 Zentimetern wäre wirtschaftlich und zur bevorstehenden Betriebsaufnahme 2014 auch terminlich nicht darstellbar gewesen – wir können das Angebot nur deshalb qualitativ und quantitativ halten, weil wir auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis achten müssen.“

Zwar verfügen die Fahrzeuge über alle gängigen Komfortelemente, wie beispielsweise einen beheizbaren und klimatisierten Innenraum und ergonomische Sitze, jedoch müssen die Kunden auf Gimmicks, wie etwa Mobilfunkrepeater, leider verzichten; auf den Linien S 5 und S 8 ebenso wie in der RB 47. Marina Pohl erklärt die Situation: „Wir bekommen die Vorgaben hinsichtlich der Ausstattung unserer Fahrzeuge vom VRR, dieser hat keine Mobilfunkrepeater vorgesehen. Um ökonomisch nachhaltig zu handeln müssen wir uns jedoch auf das beschränken, was bestellt wird.

In diesem Zusammenhang erinnert Johannes Bachteler an die mangelnde Planungssicherheit des VRR in den kommenden Jahren: „Durch die Revision der Regionalisierungsgelder innerhalb Nordrhein-Westfalens im Rahmen des neuen ÖPNV-Gesetzes wissen wir heute noch nicht, welchen Etat wir ab 2013 haben werden. Aufgrund dieser Situation wollen wir in jedem Fall verhindern, dass unsere Träger, die Kreise und kreisfreien Städte, zusätzlich belastet werden.“

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