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Erneut unangekündigter Streik der GDL bei der AVG

09.12.11 (Süddeutschland) Autor:Jürgen Eikelberg

Die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) ist zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage Opfer eines von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nicht angekündigten und für die Fahrgäste nicht nachvollziehbaren Streiks. Daraus resultieren folgende Auswirkungen: Auf den Stadtbahnlinien S1 und S11 verkehren nahezu keine Stadtbahnwagen mehr. Auf allen übrigen S-Bahnlinien kommt es zu Zugausfällen. Die S2 ist von dem Streik aber ebenso wenig betroffen wie die Straßenbahnlinien in Karlsruhe, da sie von den Verkehrsbetrieben Karlsruhe betrieben werden. Wie die GDL mitteilt, werde das Ende des heute, 9. Dezember 2011 um 15 Uhr begonnenen Streiks besonders bekannt gegeben.

Die AVG versucht, im Bereich der S1/S11 einen Bus-Notfahrplan einzurichten: Zwischen Bad Herrenalb beziehungsweise Ittersbach und dem Karlsruher Hauptbahnhof sowie zwischen Hochstetten und der Karlsruher Haltestelle Heidehof der Linie 3 gibt es einen Schienenersatzverkehr. Vom Hauptbahnhof beziehungsweise vom Heidehof sind innerstädtische Ziele dann mit den Straßenbahnen zu erreichen. Fahrgäste aus der Nordweststadt in Karlsruhe können außer den Buslinien 70 und 74 auch den Busnotverkehr zwischen der Haltestelle August-Bebel-Straße und der Haltestelle Heidehof der Tramlinie 3 nutzen. Der Notfahrplan gilt heute ab 15 Uhr bis gegen 21 Uhr. Sollte der Streik länger dauern, können die übrigen in den Notfahrplänen angegebenen Zeiten der Orientierung dienen. Die AVG versucht, den Schienenersatzverkehr zwischen 6 und 21 Uhr auf jeden Fall aufrecht zu erhalten. Aktuelle Informationen zum Notfahrplan, zu den Fahrzeiten, zum Takt und zu den Haltestellen gibt es ab sofort im Internet unter www.kvv.de

„Ein derart unfaires Verhalten gegenüber allen Fahrgästen in der gesamten Region hat es in der Geschichte der Tarifauseinandersetzungen noch nicht gegeben“, kommentiert Dr. Brigitte Unger, Personalleiterin der AVG, diesen Vorgang. „Die GDL hat bei der jüngsten Gesprächsrunde vor einer Woche einseitig die Gespräche aufgekündigt. Besonders schlimm für unsere Fahrgäste ist, dass sie heute morgen mit den Stadtbahnen zur Arbeit gefahren sind und wegen des Streiks ab 15 Uhr nur unter erschwerten Bedingungen nach Haus kommen. Außerdem werden sie im Hinblick auf den morgigen dritten Samstag im Advent im Regen stehen gelassen“, weist Dr. Brigitte Unger auf die alle ÖPNV-Kunden verachtende Strategie der GDL hin.

Obwohl die GDL den Verhandlungstisch verlassen hat, hat die AVG umfangreiche weitere Gespräche angeboten: So wurde für kommenden Montag eine moderierte Diskussion, zu der die GDL eingeladen ist, für alle Mitarbeiter anberaumt. Diese wird von einem unabhängigen Arbeitsrichters moderiert. Zudem wurde der GDL ein Schlichtungsverfahren angeboten sowie zwei weitere Verhandlungstermine benannt. Darüber hinaus ist für Donnerstag nächster Woche ein Spitzengespräch mit der GDL in Frankfurt am Main fest vereinbart.

Bei der GDL ist die Position natürlich anders. „Die AVG ist trotz des vierstündigen Streiks am 3. Dezember 2011 keinen Millimeter von ihrer völlig inakzeptablen Position abgewichen“, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. Sie fordert stattdessen eine Schlichtung. Hier muss aber die Ausgangssituation sehr genau betrachtet werden. Weselsky: „Wer in Tarifverhandlungen seine Zusage zu den inhaltsgleichen Rahmenregelungen und zum Betreiberwechseltarifvertrag gibt, und dann mir nichts dir nichts meint, dies widerrufen zu können, der hat nicht mit der GDL gerechnet.“ Die GDL werde dafür kämpfen, dass auch die Lokomotivführer der AVG unter die inhaltsgleichen Rahmenregelungen fallen und somit faire Löhne erhalten und mit dem Betreiberwechseltarifvertrag keine Angst mehr nach einer verlorenen Ausschreibung haben müssen. Die Rahmenregelungen gelten bereits für 97 Prozent der Lokomotivführer in Deutschland.

Die AVG wolle keinen Cent mehr für Personalkosten als bisher ausgeben. Sie wolle Lokomotivführer weiterhin auf dem Billigniveau des Eisenbahn-Tarifvertrags entlohnen. Und sie habe ihr schon bisherig inakzeptables Angebot noch weiter verschlechtert. Mit dem Arbeitskampf gäben die Lokomotivführer nun ihre Antwort.

Bei der Tarifauseinandersetzung geht es im Kern darum, dass die GDL einen einheitlichen Bundesrahmentarifvertrag für Lokführer in allen Eisenbahnverkehrsunternehmen durchsetzen will. In den jüngsten Tarifverhandlungen bei anderen privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen kam es jedoch zu Abschlüssen, die erheblich unter diesem Lohnniveau liegen, für das die GDL angetreten ist. Bei der AVG versucht die GDL über ihr Forderungsniveau hinausgehend noch zusätzliche betriebliche Regelungen zu vereinbaren. „In der Summe ist der GDL-Tarifvertrag in Kombination mit bisherigen Zusatzregelungen von der AVG wirtschaftlich nicht zu verkraften“, sagt Dr. Brigitte Unger weiter: „Die Leistungen der AVG würden sich dann so verteuern, dass die AVG als Anbieter nicht mehr konkurrenzfähig wäre.“

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