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Wird die DB-Konzernstruktur durch Gesetzesänderung gerettet?

21.11.11 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Bahnchef Rüdiger Grube weiß, dass die Konzernstruktur der Deutschen Bahn wackelt. Auf nationaler Ebene ist der integrierte Konzern gewollt – aber international droht Ungemacht. Es läuft ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union gegen die Bundesrepublik Deutschland, weil diese die Vorgaben aus dem Ersten Eisenbahnpaket missachten soll: Der Deutschen Bahn soll die Hoheit über die Eisenbahninfrastruktur entzogen werden.

„Sollte der EuGH unsere Einschätzung nicht teilen, dass der integrierte Konzern rechtmäßig ist, kann die Konsequenz nur sein, dass die europäischen Regelwerke geändert werden“ sagte Rüdiger Grube in Paris. Auch in Frankreich, wo die Infrastruktur der Gesellschaft RFF gehört, in der jedoch die Staatsbahn SNCF den Ton angibt, dürfte man einer Änderung der europäischen Richtlinien nicht abgeneigt sein. Spätestens im Herbst 2012 wird mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes gerechnet.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Aufhebung der derzeitigen DB-Konzerns vereinbart, führt diese jedoch nicht aus. Treibende Kräfte sollen dem Vernehmen nach Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) sein, die die Bahndividende sichern wollen. Seit 2011 muss die Bahn jährlich 500 Millionen Euro Gewinnabführung ausschütten, die dann ohne besonderen Verwendungszweck in den Bundeshaushalt fließen.

Scharfe Kritik kommt vom Privatbahnverband Mofair. Hier moniert man, dass der Eisenbahninfrastruktur etwa eine Milliarde Euro im Jahr fehlen, weil Gewinnabführungen aus dem Netz in den Mutterkonzern stattfinden. Dies soll zwar verboten werden, allerdings sind auch weiterhin Zinsabführungen möglich. Aktuell plant die Deutsche Bahn eine Kapitalerhöhung bei DB Netz um zwei Milliarden Euro. Geld, das mit einen hohen zwei- bis dreistelligen Millionenbetrag im Jahr verzinst werden müsste. Bahnchef Grube sieht diese Kapitalerhöhung „gefährdet“, wenn das Geld nicht mehr herausgezogen werden dürfe.

„Es wird dringend Zeit, dass die Koalitionsbeschlüsse zur stärkeren Unabhängigkeit und finanziellen Trennung des Netzes von den Transportunternehmen der Deutschen Bahn umgesetzt werden“ sagt Hans Leister, Geschäftsführer bei Keolis und Mofair-Vizepräsident. „Am Beispiel der Diskriminierung der Wettbewerber beim Bahnstrom zeigt sich am deutlichsten, dass die Interessen des Infrastruktur- und der Verkehrsunternehmen der Deutschen Bahn unvereinbar sind; die Diskriminierung im Interesse des Konzerns aber fortgeführt wird.“

Damit meint er Mengenrabatte, die DB Energie Großabnehmern gewährt. Sie führen dazu, dass die Eisenbahnverkehrsunternehmen der Deutschen Bahn weniger für den Bahnstrom zahlen müssen als private Wettbewerber. Diese könnten die maximal Rabattstufe selbst dann nicht erreichen, wenn alle in Deutschland zugelassenen Eisenbahnverkehrsunternehmen als Einkaufsgenossenschaft auftreten würden.

Diese Rabatte rechtfertigt DB Energie als „marktüblich“, weil man sich in dieser Sache als Energieversorgungsunternehmen betrachtet. Man erhält jedoch auch jährliche Zuwendungen in Millionenhöhe nach der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung. Dann wiederum betrachtet sich DB Energie als Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Die Bahnstromdiskriminierung ist zwar juristisch angegriffen, eine politische Lösung ist jedoch nicht in Sicht.

Bild: Deutsche Bahn AG

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