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Stuttgart 21: Volksabstimmung heute

27.11.11 (Stuttgart) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist ein Streit, der die Republik seit Monaten nur noch nervt. Die Fronten sind verhärtet und durch die einstmals so beschaulich-bodenständige Schwabenmetropole geht ein tiefer Graben, ganz ohne Tunnelbahnhof. Man ist dafür oder dagegen, man gehört entweder zur einen oder zur anderen Fraktion. „Pro´ler“ gegen „Blockierer“, auch Heiner Geißlers langwierige Schlichtung konnte den viel gepriesenen „Frieden in Stuttgart“ nicht wieder herstellen.

Es braucht 2,5 Millionen Ja-Stimmen. So kurios es klingen mag, aber wer gegen Stuttgart 21 ist, muss Ja ankreuzen, wer dafür ist, muss Nein ankreuzen. Um einer Volksabstimmung auch die benötigte demokratische Legitimität zu verleihen, muss mindestens ein Drittel aller Wahlberechtigten das Ausstiegsgesetz befürworten. Die grün-rote Landesregierung hat bei den Wahlen im März rund 2,3 Millionen Stimmen gekriegt.

Es wird daher allgemein erwartet, dass das Ausstiegsgesetz durchfällt, zumal die SPD mehrheitlich für Stuttgart 21 ist – und somit auch die Wähler. Sie war zwar auf dem Höhepunkt der Proteste im Herbst 2010 kurzzeitig mal dagegen, jedoch hat sich das seit dem Regierungsantritt wieder geändert. Die Grünen waren 2004 in der Bundesregierung für Stuttgart 21, spätestens seit 2010 sind sie jedoch dagegen.

Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kündigte bereits an, dass es vom Land nicht mehr Geld geben werde als vertraglich vereinbart. Bei Kostensteigerungen – von denen intern bereits unbestritten ist, dass es sie gibt – wird er aus seinem Haushalt kein zusätzliches Geld zur Verfügung stellen. Steht also zu befürchten, dass in fünf oder zehn Jahren halbfertige Investitionsruinen in Stuttgart rumstehen, weil das Geld ausgeht?

Einen entscheidenden Hebel könnte es aber dennoch geben: Es gibt diverse SPNV-Linien, deren Verkehrsvertrag mit DB Regio im Dezember 2014 endet, für die keine Ausschreibungen laufen – Ankündigungen im EU-Tender, die noch von der früheren Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) stammen, sind mittlerweile wieder verschwunden. Hier könnte Hermann der DB den entscheidenden Deal anbieten.

Bislang hat sich der Minister nicht zu dieser Frage geäußert, vielen Insidern zufolge ist sogar fraglich, ob ihm diese Problematik überhaupt bekannt ist. Neuerliche Direktvergaben an DB Regio für die Zeit nach 2014 sind nach dem Abellio-Urteil zwar de jure nicht mehr möglich, wohl aber können Ausschreibungen dahingehend „verschoben“ werden, dass der Wunschpartner sie gewinnt, beispielsweise könnte man DB Regio erlauben, mit Silberlingen zu bieten.

Es bleibt also spannend. Und auch wenn Stuttgart 21 nicht realisiert wird, dürfte interessant werden, welcher Projektpartner am besten aus der Nummer raus kommt. Dem Schauspiel nach zu urteilen, das die grün-rote Landesregierung seit ihrem Amtsantritt abliefert, kann man getrost davon ausgehen, dass die Deutsche Bahn in jedem Fall großer Profiteur sein wird.

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