Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Reaktivierung der Röhrtalbahn ist volkswirtschaftlich sinnvoll

20.11.11 (NWL) Autor:Sven Steinke

Nachdem Anfang 2010 eine Infrastrukturuntersuchung die nötigen Kosten für die Reaktivierung der Röhrtalbahn zwischen Neheim-Hüsten und Sundern ermittelt hatte, wurde nun eine Potentialuntersuchung durchgeführt, mit dem Ergebnis das alle vier untersuchten Varianten einen volkswirtschaftlichen Nutzen aufweisen. Je nach Variante werden dabei zwischen 1900 und 1400 Fahrgäste pro Werktag in den Zügen prognostiziert. 1200 bis 700 Fahrgäste sind dabei Neukunden, die mit dem bisherigen Busangebot nicht angesprochen werden. Ein Teil davon käme auch den Linien RE 17 und RE 57 auf der oberen Ruhrtalbahn zugute.

Die beiden Gutachten wurden vom Hochsauerlandkreis (HSK), der „Lokalen Agenda 21“ und dem Zweckverband Ruhr-Lippe (ZRL), sowie seinem Dachverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) vorbereitet und begleitet. Das Infrastrukturgutachten bezifferte die Herrichtung der Strecke für eine Fahrzeit von 25 Minuten mit rund 12,9 Millionen Euro. Dazu kommen je nach Betriebsvariante eine Flügelbeifahranlage oder eine zusätzliche Bahnsteigkante in Neheim-Hüsten.

Im Rahmen der integrierten Gesamtverkehrsplanung (IGVP) des Landes NRW wurde für die Strecke unter dem damaligen Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) noch ein negativer Kosten-Nutzen Faktor von -0,88 ermittelt, wobei die Fahrgastzahlen auf 300 pro Werktag geschätzt wurden. In der neuen Untersuchung ergaben sich allerdings ganz andere Zahlen. Womit eine Reaktivierung des 1977 eingestellten Nahverkehrs auf der Strecke wahrscheinlicher wird.

In der kürzlich fertiggestellten Potentialuntersuchung wurden insgesamt vier Varianten untersucht. Dabei wurden die Fälle eines Flügelzugkonzeptes mit der RE 57 nach Dortmund und eines Pedelzugbetriebes betrachtet. Diese wurden dann noch einmal in zwei Untervarianten mit stündlichem und eingeschränktem parallelem Busangebot gefächert. Die Variante mit Flügelzugkonzept und eingeschränktem Busangebot erreicht dabei mit 1,82 den besten Kosten-Nutzen Faktor. Der Pendelzugbetrieb mit eigeschränktem Busangebot schafft es auf 1,49. Mit stündlicher R 25 lagen diese bei 1,57 bzw. 1,25. Damit eine Maßnahme vom Land förderbar ist, muss der Kosten-Nutzen-Faktor 1 oder darüber sein, was hier bei allen Varianten gegeben ist.

Das Flügelzugkonzept ist allerdings nicht unbedingt die beste Wahl, weil der Gutachter hierfür fast drei Mal so hohe Betriebskosten prognostiziert. Da die RE 57 mit der erneuten Ausschreibung des Sauerland-Netzes eh schon in Bestwig mit den Zugteilen aus Winterberg und Brilon Stadt geflügelt wird, würde sich ab Neheim-Hüsten eine Dreifachtraktion ergeben, die außerhalb der Hauptverkehrszeit überdimensioniert wäre und unnötige Betriebskosten verursacht.

Der Gutachter schätzt die rund 14 Kilometer lange Strecke der Regionalverkehr Ruhr-Lippe (RLG) für erhaltenswert für eine spätere Reaktivierung ein. Die 29.000 Einwohnerstadt Sundern wird allerdings noch mindestens ein paar Jahre auf den Anschluss an den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) warten müssen, weil der NWL die Reaktivierung in seinem Nahverkehrsplan bisher nur als mittelfristige Maßnahme einschätzt.

Zwar hat man jetzt den volkswirtschaftlichen Nutzen nachgewiesen und die einmalige Infrastrukturherrichtung wird man auch finanziert bekommen. Die größte Hürde sind allerdings noch die Betriebskosten, die der NWL als Aufgabenträger an das Eisenbahnverkehrsunternehmen Jahr für Jahr entrichten muss. Der Gutachter geht hier je nach Variante von zusätzlichen Kosten zwischen rund 0,6 und 1,7 Millionen Euro pro Jahr aus. Diese Mittel müssen dem NWL erst einmal bereitstehen.

Kommentare sind geschlossen.